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Griechen sagen »Oxi« zur Krisenpolitik

Referendum über gescheiterte Krisenpolitik: Erfolg des Nein-Lagers / Merkel und Hollande wollen EU-Sondergipfel am Dienstag / SPD-Chef Gabriel: Tsipras hat »letzte Brücken eingerissen« / Samaras tritt als Chef von Nea Dimokratia zurück

  • Lesedauer: 30 Min.

Update 23.55 Uhr: EU-Institutionen beraten, Treffen der Eurogruppe
Nach dem klaren »Nein« der Griechen zur Austeritätspolitik und den Auflagen der Gläubiger will EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Montag mit Spitzenvertretern der EU-Institutionen über das weitere Vorgehen beraten. Es sei eine Telefonkonferenz mit EU-Gipfelchef Donald Tusk, Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, geplant, teilte die EU-Kommission am späten Sonntagabend in Brüssel mit. Juncker sei auch mit den Staats- und Regierungschefs der 18 Eurostaaten - dabei ist Griechenland nicht eingerechnet - in Kontakt. Der Luxemburger wolle sich bei einem schon länger geplanten Auftritt im Straßburger Europaparlament am Dienstag äußern. Für Dienstag ist zudem ein Sondertreffen der Eurogruppe in Vorbereitung.

Update 23 Uhr: Tsipras sieht Forderung nach Schuldenschnitt gestärkt
Durch das Nein der Griechen zum Kurs der Gläubiger sieht sich Regierungschef Alexis Tsipras in seiner Forderung nach einem Schuldenschnitt gestärkt. »Jetzt wird die griechische Schuldenlast auf den Verhandlungstisch kommen«, sagte Tsipras am Sonntagabend in einer Fernsehansprache. Zugleich betonte er, dass der Ausgang des Referendums keinen Bruch Griechenlands mit Europa bedeute. Tsipras will nun neue Verhandlungen. Erste Priorität habe nun die Wiederöffnung der Banken, erklärte er am Sonntagabend in einer Fernsehansprache. Athen sei zu Reformen bereit. Dringend notwendig seien zum Beispiel Investitionen. Tsipras will am Montag die Chefs aller Parteien seines Landes informieren. Er sagte, das griechische Referendum habe keine Sieger und Verlierer. Die griechische Bevölkerung habe unter schwierigsten Bedingungen bewiesen, dass die Demokratie sich nicht erpressen lasse. Er sei sich dessen bewusst, dass das Ergebnis des Referendums kein »Bruchmandat« mit den Gläubigern sondern ein Mandat für eine Einigung mit sozialer Gerechtigkeit sei.

Update 22.35 Uhr: Es ist ein – Oxi
Berechnungen der »Süddeutschen Zeitung« zufolge liegt das Nein-Lager beim Referendum in Griechenland nun uneinholbar vorn.

Update 22.30 Uhr: Merkel und Hollande wollen EU-Sondergipfel am Dienstag
Nach dem Nein der Griechen zur Gläubigerpolitik haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef François Hollande für ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone ausgesprochen. Dieses solle für Dienstag einberufen werden, teilte ein Regierungssprecher in Berlin am Sonntagabend nach einem Telefongespräch der beiden Politiker mit. Bei dem Telefonat seien Merkel und Hollande sich einig gewesen, »dass das Votum der griechischen Bürger zu respektieren ist«.

Update 22.25 Uhr: Samaras tritt als Chef von Nea Dimokratia zurück
Nach dem Referendum in Griechenland ist der Chef der oppositionellen konservativen Partei Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, ist am Sonntagabend zurückgetreten. Er zog damit die Konsequenz aus der schweren Niederlage des »Ja«-Lagers in der Volksabstimmung über die Gläubigerpolitik. Samaras forderte die Partner in der EU auf, der Regierung unter dem linken Regierungschef Alexis Tsipras zu helfen, »eine tragfähige Lösung« für den griechischen Schuldenberg zu finden. Samaras hatte das Land von Juni 2012 bis Januar 2015 geführt. Vorläufiger neuer Parteichef werde der frühere Parlamentspräsident Evangelos Meimarakis, sagte Samaras im Fernsehen.

Update: Nach Auszählung von 82 Prozent der Wahllokale liegt Oxi bei über 61 Prozent

Update 22.20 Uhr: Luxemburgs Regierungschef erwartet Vorschläge aus Athen
Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel erwartet nach dem Referendum in Griechenland konkrete Verhandlungsvorschläge der Regierung in Athen. »Nach dem Votum liegt es nun bei der griechischen Regierung, Vorschläge zu unterbreiten, wie es weitergehen soll«, sagte Bettel am Sonntagabend der Deutschen Presse-Agentur in Luxemburg. Das Großherzogtum führt derzeit turnusmäßig den Vorsitz im Ministerrat der EU. Man nehme das Ergebnis zur Kenntnis. »Und wir respektieren das Resultat natürlich«, sagte Bettel. Er fügte hinzu: »Europa ist stark und ich bin mir sicher, dass wir auch hier Lösungen finden werden.«

Update 22.10 Uhr: Sparkassen drängen auf Grexit
Nach dem sich abzeichnenden Nein einer Mehrheit der Griechen an die Gläubiger-Politik und den Austeritätskurs sollte Griechenland aus Sicht des Sparkassen-Verbandes aus der Euro-Zone austreten. Mit dem »Oxi« bei dem Referendum habe sich die griechische Bevölkerung gegen die Grundlagen und Regeln eines einheitlichen Währungsraumes ausgesprochen. »Konsequenterweise sollte Griechenland jetzt aus der Euro-Währungsgemeinschaft ausscheiden«, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, am Sonntag in Berlin.

Update 22.05 Uhr: Varoufakis: »Ab morgen fangen wir an, unsere Wunden zu heilen«
Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis will nach dem Sieg des Nein-Lagers beim Referendum mit den internationalen Gläubigern neu verhandeln. »Ab morgen fangen wir an, unsere Wunden zu heilen«, kündigte Varoufakis am Sonntagabend im griechischen Fernsehen an. Europa dürfe nicht mehr ein riesiger eiserner Käfig der Austeritätspolitik sein. Seine Regierung habe sich fünf Monate lang für gelockerte Bedingungen und weniger Kürzungen eingesetzt. Doch die Gläubiger hätten am 25. Juni ein Ultimatum gestellt, ihr Programm zu akzeptieren. »Sie haben unsere Banken geschlossen. Sie wollten uns erniedrigen«, sagte Varoufakis. Nun habe das griechische Volk das Ultimatum zurückgewiesen.

Update 22 Uhr: Nach Auszählung von 71 Prozent der Wahllokale: 61 Prozent für Oxi

Update 21.55 Uhr: Grüner Ströbele bezeugt Respekt für Oxi
Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hat der griechischen Bevölkerung Respekt für das Nein zur Gläubiger-Politik bezeigt. Premier Alexis Tsipras habe Recht gehabt das »griechische Volk will sich nicht alles gefallen lassen. Keine Reformen mit weiteren Grausamkeiten zu Lasten der Armen«. Ströbele sprach von »Respekt für die mutige Entscheidung der Griechen«. Widerständige Demokraten hätten dem Druck und der Drohungen von »EU-Spitzenpolitikern und Medien getrotzt«.

Update 21.50 Uhr: Schneider hat »Respekt vor diesen mutigen Griechen«
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, sagte in einer ersten Reaktion auf das Nein zur Gläubiger-Politik in Griechenland: »Allerhöchsten Respekt vor diesen mutigen Griechen! Europa wird Ihnen noch dankbar sein für dieses heldenhafte Referendum.«

Update 21.40 Uhr: SPD-Chef Gabriel: Tsipras hat »letzte Brücken eingerissen«
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat der griechischen Regierung vorgeworfen, mit dem Referendum über die Gläubiger-Politik »das griechische Volk auf einen Weg von bitterem Verzicht und Hoffnungslosigkeit« zu führen. Dem »Tagesspiegel« sagte er, Tsipras habe den Menschen vorgemacht, mit einem »Nein« werde die Verhandlungsposition Griechenlands gestärkt. Tatsächlich habe der griechische Regierungschef aber »letzte Brücken eingerissen, über die Europa und Griechenland sich auf einen Kompromiss zubewegen konnten«. Wörtlich fügte Gabriel hinzu: »Mit der Absage an die Spielregeln der Eurozone, wie sie im mehrheitlichen Nein zum Ausdruck kommt, sind Verhandlungen über milliardenschwere Programme kaum vorstellbar.«

Update 21.35 Uhr: Polens Ministerpräsidentin: Jetzt kommt Grexit
Die polnische Ministerpräsidentin Ewa Kopacz rechnet damit, dass Griechenland die Eurozone verlässt. »Wenn sich die Prognosen bestätigen, dann bleibt Griechenland vermutlich nur ein Weg: der Austritt aus der Eurozone«, sagte die liberalkonservative Politikerin am Sonntag im Sender TVN24. Die Griechen seien nicht bereit gewesen, den »harten Weg der Reformen« zu beschreiten. Sie beschuldigte dafür auch die Regierung in Athen. »Die Griechen, die ich sehr respektiere, sind zum Opfer einer populistischen Politikercharge geworden«, sagte Kopacz. Für die nun eingetretene Situation habe Europa »kein vorgeschriebenes Drehbuch«. Polen will vorerst am Zloty als eigener Währung festhalten.

Update 21.20 Uhr: Grüne Bütikofer fordert EU-Sondergipfel
Nach dem sich abzeichnenden deutlichen griechischen »Nein« hat der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer Europas Staats- und Regierungschefs zur Besonnenheit aufgerufen. Vor allem müsse jetzt eine weitere Eskalation verhindert werden, sagte der Vorsitzende der Europäischen Grünen Partei am Sonntagabend in Brüssel. »Ein Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs in der kommenden Woche muss sich der Aufgabe stellen, eine faire Einigung zu schaffen.« Dazu gehöre auch eine Schuldenerleichterung. »Das Nein der Mehrheit der griechischen Wählerinnen und Wähler ist kein Nein zu Europa oder zum Euro«, sagte er.

Update 21.10 Uhr: Italien zu neuen Verhandlungen bereit
Nach dem sich abzeichnenden »Nein« bei dem Referendum hält die italienische Regierung neue Verhandlungen für den richtigen Weg. »Jetzt ist es richtig, wieder damit anzufangen, eine Vereinbarung zu suchen. Aber aus dem griechischen Labyrinth kommt man nicht mit einem schwachen Europa ohne Wachstum heraus«, erklärte Außenminister Paolo Gentiloni am Sonntagabend auf Twitter.

Update 20.55 Uhr: 50 Prozent der Wahllokale sind ausgezählt: 60 Prozent für Oxi!

Update 20.30 Uhr: Riexinger spricht vom Sieg der Demokratie
Die LINKE hat das Referendum in Griechenland als Sieg für die Demokratie in Europa gewertet. »Die Griechinnen und Griechen haben sich zum zweiten Mal gegen die katastrophale Politik der sozialen Kürzungen und der wirtschaftlichen Verwüstung gewehrt«, erklärte Parteichef Bernd Riexinger am Sonntagabend nach den ersten Ergebnissen, die auf ein klares Nein der Griechen hindeuteten. »Sie haben Nein zu weiterer Austerität gesagt, Nein zu einer falschen Medizin, die immer nur kränker macht«, sagte Riexinger. Das Votum legitimiere die Verhandlungsführung der linken Regierungspartei Syriza von Ministerpräsident Alexis Tsipras. »Die Verhandlungsführer müssen jetzt umgehend an den Tisch zurückkehren und den demokratischen Willen der griechischen Bevölkerung respektieren«, forderte Riexinger.

Update 20.30 Uhr: 40 Prozent der Wahllokale ausgezählt: 61 Prozent für Oxi

Update 20.25 Uhr: CSU hetzt gegen »Linke Erpresser und Volksbelüger«
Die CSU nutzt absehbaren Ausgang des Referendums zu einem neuerlichen Ausfall gegen Athen: »Wir müssen jetzt besonnen reagieren, aber klar ist: die linken Erpresser und Volksbelüger wie (Ministerpräsident Alexis) Tsipras können mit ihrer schmutzigen Tour nicht durchkommen«, sagte Generalsekretär Andreas Scheuer am Sonntagabend. Tsipras und seine Regierung habe dem Volk vorgegaukelt, es gäbe Euros ohne Reformen. Das Referendum kommentierte er mit den Worten: »Kali nichta, Hellas - Gute Nacht, Griechenland!«

Update 20.15 Uhr: LINKE begrüßte sich abzeichnendes OXI
»Griechenland sendet ein unüberhörbares Ja für mehr Demokratie und Gerechtigkeit in die gesamte EU. Danke Griechenland, Danke Alexis!«, twittert LINKEN-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn.

»Der Demos hat gesprochen! Gegen das autoritäre Europa der Austerität und für ein Europa der Demokratie«, freut sich die Parteivorsitzende Katja Kipping.

Update 20.00 Uhr: Griechenlads Jugend sagt »OXI«!
Sollten sich die sich abzeichnenden Zahlen eines klaren »OXI« im Laufe des Abends verfestigen, dann dürfte dieses Votum vor allem auf die Stimmen der jungen Griechen zurückgehen. Wie der griechische Sender »Antenna News« berichtet, haben von den 18 bis 34-Jährigen 67 Prozent mit »Nein« gestimmt, bei den 35 bis 55 Jährigen 49 Prozent, bei den über 55-Jährigen dagegen lediglich 37 Prozent.

Update 19.45 Uhr: Linksreformer fordern Martin Schulz zum Rücktritt auf
Das linksreformerische Forum demokratischer Sozialismus in der Linkspartei hat Martin Schulz zum Rücktritt als Präsident des Europaparlaments aufgefordert. »Die Bürger in Griechenland haben abgestimmt. Sie haben Nein zu weiteren unsozialen Kürzungen gesagt und Ja zu einem gemeinsamen sozialen und solidarischen Europas«, heißt es in einer Erklärung. »Dies ist der Sieg der Demokratie über die Kürzungsdiktate aus Berlin und Brüssel.« Gerade »vor dem Hintergrund der massiven Interventionen und Drohungen Richtung Athen« durch Schulz in den letzten Wochen »erwarten wir gerade von ihm, dass er Verantwortung für sein anti-demokratisches Agieren übernimmt und sein Amt als Präsident des Europäischen Parlamentes zur Verfügung stellt«.

Update 19.36 Uhr: Blockupy sieht »das deutsche Europa abgewählt«
Das linke Netzwerk Blockupy hat den sich abzeichnenden Vorsprung des Nein-Lagers beim Referendum in Griechenland als »überwältigendes« Signal und einen »Sieg der Armut gegen die Reichen« bezeichnet. »In armen Athener Stadtteilen haben ungefähr achtzig Prozent der Leute gegen die Diktatur der Verelendung gestimmt«, hieß es in einer ersten Reaktion am Abend. »Die deutsche Ordnung, das deutsche Europa wurde abgewählt – das Europa der Demokratie und der Menschenwürde hat wieder eine Chance.« Die Menschen in Griechenland hätten »einen mutigen Weg gewählt. Wir bewundern die griechischen Bewegungen, die dem deutschen Krisenregime der Hoffnungslosigkeit und Angst widerstanden haben«. Der 5. Juli sei »von nun an ein Tag der Bewegungen, der Tag an dem sich die Menschen in Europa erfolgreich gegen die organisierte Traurigkeit des europäischen Kapitalismus durchgesetzt haben. Wir wissen nicht, was morgen kommt. Aber das blau bleibt so lange grau, bis es wieder neu erfunden wird. Heute wurde ein erster Schritt darauf zu gemacht.«

Update 19.35 Uhr: Özdemir und Schneider finden Oxi-Tendenz gar nicht gut
G
rünen-Chef Cem Özdemir hat sich besorgt über die Tendenz zum Nein beim Referendum in Griechenland geäußert. Die Probleme des hoch verschuldeten Landes würden so oder so auch künftig die Probleme Europas bleiben, sagte er am Sonntag im »Bericht aus Berlin« der ARD. »Man kann Griechenland nicht wegsprengen von Europa.« Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Carsten Schneider sagte, ein Nein wäre »ein sehr, sehr schwieriges Ergebnis«. Er stellte in Frage, ob man dann mit der griechischen Regierung überhaupt noch verhandeln könne. Er verwies auf angebliche »Aufstachelungen« des Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und seines Finanzministers Yanis Varoufakis. »Ich weiß nicht, wie man noch gemeinsamen Boden dann finden kann.«

Update 19.30 Uhr: 15 Prozent der Wahllokale sind ausgezählt: 60 Prozent für Oxi

Update 19.25 Uhr: Zehn Prozent der Wahllokale sind ausgezählt: 60 Prozent für Oxi

Update 19.20 Uhr: Erfolg mit 55 Prozent? Jubel im »Nein«-Lager in Athen
Nach der Veröffentlichung von Umfragen mit einer Tendenz zum Sieg der Reformgegner beim Referendum in Griechenland ist im »Nein«-Lager Jubel ausgebrochen. Hunderte Anhänger der Ablehnung der gescheiterten Krisenpolitik begaben sich am Sonntag auf den Platz vor dem Parlament in Athen und feierten, wie das griechische Fernsehen berichtete. Demoskopen hatten zuvor im griechischen Fernsehen geschätzt, dass das »Nein«-Lager bei etwa 55 Prozent liegen werde.

Update 19.10 Uhr: Athen: Neue Verhandlungen beginnen heute
Die griechische Regierung hat unmittelbar nach dem Referendum über die umstrittene Gläubigerpolitik neue Verhandlungen angekündigt. Noch am Sonntagabend wolle man substanzielle Gespräche mit den internationalen Partnern beginnen, erklärte der griechische Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis im Fernsehen vor der Bekanntgabe des offiziellen Ergebnisses. »Das Mandat (des Volkes) ist klar. Ein neuer Versuch beginnt (seitens Athens) für eine für beide Seiten günstige Einigung, als gleiche Partner und nicht als eine Schuldenkolonie«, sagte Sakellaridis. Regierungschef Alexis Tsipras werde sich »sehr schnell bewegen um den Auftrag des Volkes in die Tat umzusetzen. Ab heute starten wir Verhandlungen«, hieß es. Alle im griechischen Fernsehen am Sonntagabend veröffentlichen Trends zeigten einen Sieg des »Nein«-Lagers beim Referendum über die Gläubiger-Politik.

Update 18.25 Uhr: Und immer noch: wackelige Zahlen
Der Privatsender Alpha berichtete, 49,5 bis 50,5 Prozent der Griechen hätten mit »Nein« gestimmt, 45,5 bis 50,5 Prozent mit »Ja«. Der Sender Star berichtete zwischen 49 bis 54,5 Prozent der Griechen hätten mit »Nein« und zwischen 45,5 bis 49,5 Prozent mit »Ja« gestimmt. Diese seien aber »keine Prognosen« sondern nur Schätzungen von Demoskopen, die noch von den Ergebnissen der ausgezählten Stimmen bestätigt werden müssen. Offizielle Ergebnisse wollte das Innenministerium frühestens zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale gegen 20.00 Uhr MESZ bekanntgeben. Die Nachrichtenagentur dpa nennt die Kritiker der umstrittenen Gläubiger-Politik übrigens weiterhin »Reformgegner«.

18.22 Uhr: Merkel und Hollande beraten am Montag in Paris
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reist am Montag nach Paris, um mit Präsident François Hollande über den Ausgang des Griechenland-Referendums zu beraten. Dies teilte die Bundesregierung am Sonntagabend in Berlin mit. Bei dem Referendum haben die Griechen ersten Prognosen zufolge offenbar die Gläubigervorschläge für ihr Land abgelehnt.

18.15 Uhr: Oxi-Lager nach ersten Prognosen knapp vorn
Beim Referendum über die Gläubigerpolitik in Griechenland hat ersten Prognosen zufolge offenbar das Nein-Lager gewonnen. Dies geht aus zwei am Sonntagabend unmittelbar nach Schließung der Wahllokale veröffentlichten Prognosen hervor, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet. Ob es allerdings echte Exit-Polls sind, bei der Menschen nach Besuch der Stimmlokale befragt werden, oder ob es sich um Telefonbefragungen am Wahltag handelt, ist in diesen Minuten unklar.

Update 18.05 Uhr: Erste Zahlen machen die Runde
Nach Schließung der Wahllokale in Griechenland machen erste Zahlen über den Ausgang des Referendums die Runde – doch noch kann man Belastbares nicht sagen. Einige Werte sind Zusammenfassungen von früheren Umfragen, eine Art Nachwahlbefragung hat der Kanal MEGA veröffentlicht, danach könnte das Nein-Lager mit 51,5 Prozent vorn liegen. Beim Sender Skai führen die Kritiker der Gläubigerpolitik mit 52 Prozent.

Update 17.35: SYRIZA will Sender Skai boykottieren
In einigen Minuten schließen die Wahllokale in Griechenland. Es könnte eine längere Nacht werden, hieß es von vor Ort – an einem knappen Ausgang des Referendums hat niemand einen Zweifel. Nicht ganz unwichtig für die Frage, wie welches Ergebnis in der öffentlichen Meinung Spuren hinterlässt, wird die Wahlberichterstattung am Abend sein. Wegen seiner einseitigen Berichterstattung, so berichten es die Kollegen vom mosaik-blog.at, wird SYRIZA den eher rechts stehenden Sender Skai für 48 Stunden boykottieren.

Update 16.40 Uhr: Rajoy: Euro ist »kein Club à la Carte«
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hat die Hoffnung geäußert, dass Griechenland auch nach dem Referendum über die Gläubiger-Politik weiter im Euroraum bleibt. »Griechenland ist Teil der Europäischen Union und auch der Eurozone und ich hoffe, es bleibt dort«, sagte Rajoy in einer Rede vor dem Politikinstitut Faes am Sonntag. Zugleich pochte er auf die Einhaltung der Regeln des gemeinsamen Währungsraums. »Der Euro ist nicht und kann kein Club à la Carte sein. Es gibt Normen und Regeln, um sein Überleben zu sichern«, sagte der konservative Politiker, der dem linken griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras kritisch gegenübersteht. Rajoy warnte, die Zukunft werde nicht einfach sein, egal wie das Referendum ausgehe. Spanien war 2008 infolge der globalen Finanzkrise ebenfalls in eine tiefe Krise gestürzt. Mit Hilfe der Euroländer gelang es, das Bankensystem zu stabilisieren und ein Abgleiten des Landes in den Bankrott zu verhindern. 2014 überwand das Land schließlich die Rezession, doch sind noch immer fast 24 Prozent der Spanier arbeitslos. Die Krise hat der linken Partei Podemos Aufwind gegeben, die am Sonntag zusammen mit anderen linken Parteien in Madrid für ein Nein beim Referendum in Griechenland demonstrierte.

Update 16.25 Uhr: Bundesbank rechnet bei Grexit mit Milliardenlasten
Bei einem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone drohen nach einem Bericht des Düsseldorfer »Handelsblatt« möglicherweise doch schon in den kommenden Jahren Milliardenlasten für den Haushalt. Dem Blatt zufolge wies Bundesbank-Präsident Jens Weidmann am vergangenen Mittwoch im Bundeskabinett darauf hin, dass bei einem »Grexit« in den kommenden Jahren voraussichtlich kein Bundesbank-Gewinn dem Etat zufließen würde. Diesen hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aber mit 2,5 Milliarden Euro pro Jahr einkalkuliert. Richtig ist aber auch: Griechenland will nicht aus dem Euro ausscheiden, ob es zu einem »schmutzigen Grexit« kommt, der durch Bankenpleiten und deren Folgen angetrieben werden könnte, ist eine politische Frage – er ließe sich verhindern. Bem Bericht zufolge hat die Bundesbank zwar für Risiken der Euro-Krise Rückstellungen in Höhe von 14,4 Milliarden Euro gebildet. Diese würden demnach jedoch bei einem »Grexit« voraussichtlich nicht ausreichen. Zudem würde auch die Bundesbank durch einen Ausfall griechischer Staatspapiere im Volumen von 20 Milliarden Euro belastet, die von der Europäischen Zentralbank (EZB) gehalten werden. Verwiesen wird jedoch noch auf weitere Risiken. Laut »Handelsblatt« hat Griechenland Verbindlichkeiten im internen Verrechnungssystem Target der Euro-Notenbanken in Höhe von rund 110 Milliarden Euro. Einen Teil dieser Summe müsste die EZB bei einem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone wohl ebenso abschreiben wie von der griechischen Staatsbank ausgegebene Euro-Banknoten im Wert von etwa 50 Milliarden Euro.

Update 15.55 Uhr: Referendum überspringt notwendiges Quorum
Die Beteiligung an der Volksabstimmung in Griechenland soll nach übereinstimmenden Berichten griechischer Medien am frühen Sonntagnachmittag die 40 Prozent übertroffen haben. Damit werde das Ergebnis des Referendums über die Auflagen der Gläubiger und die Krisenpolitik rechtskräftig sein, hieß es. Die Medien berufen sich auf Informationen aus dem Innenministerium. Bei Volksabstimmungen muss in Griechenland die Wahlbeteiligung bei mindestens 40 Prozent liegen. Anderenfalls hat das Ergebnis keine Wirkung. Die Wahllokale schließen um 19 Uhr Ortszeit (18 Uhr MESZ) schließen. Erste aussagekräftige Ergebnisse werden etwa zwei Stunden später erwartet.

Update 14.25 Uhr: Austerität: »Die gefährlichste Idee Europas«
»Selten haben so zahlreiche Regierungschefs quer durch Länder und Parteien so einig auf dieselbe Karte gesetzt. Für die Sparpolitik riskieren sie Milliarden, ihr Gesicht, die Zukunft ihres Landes. Und das ohne Reserve. Als die griechische Regierung über Alternativen sprechen wollte, prallte sie gegen eine Wand«, schreibt Constantin Seibt im Schweizer »Tagesanzeiger«. Und weiter: »Am Ende stand es 18:1. Und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble fragte, wer wohl auf dem richtigen Kurs sei. Das eine Auto oder die 18 Autos in der Gegenrichtung.« Seibt nennt Austerität »die wichtigste politische Idee der Gegenwart. Das Erschreckende daran ist: Es ist eine Idee, die keine Theorie im Rücken hat, keine nachweisbaren Erfolge zeigt, dafür aber direkt zur größten politischen Katastrophe des letzten Jahrhunderts führte.« Und: »Was immer mit Griechenland noch wird, das Ergebnis ist klar: Die Austerität steht als Doktrin fester denn je. Es ist egal, dass ihre Resultate vernichtend sind, dass ihre Sprache langsam sowjetisch klingt und dass niemand auch nur das geringste Vergnügen an ihr hat. Oder an Europa. Es ist die einzige Idee, die der Politik noch geblieben ist. Und auf sie setzt ein ganzer Kontinent seine Zukunft.« Das ganze Lesestück finden Sie hier.

Update 13 Uhr: Renzi und Macron: Wir müssen wieder miteinander reden
Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi hat sich für die rasche Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Europa und Athen nach dem Referendum in Griechenland ausgesprochen. »Wir müssen wieder anfangen, miteinander zu sprechen - niemand weiß dies besser als Angela Merkel«, sagte Renzi der Zeitung »Il Messaggero«. Zugleich plädierte er für Solidarität mit den Griechen in der Krise. »Wenn du einen Rentner vor einer Bank weinen siehst, begreifst du, dass ein für die Welt und seine Kultur so wichtiges Land wie Griechenland nicht so enden darf.«

Renzi betonte gleichzeitig, dass Griechenland nicht ohne eine Rentenreform, eine Arbeitsmarktreform und ein härteres Vorgehen gegen Steuerflucht aus der Krise zu führen sei. Zugleich trat er Befürchtungen entgegen, dass im Fall einer Verschärfung der Krise in Griechenland und eines Ausscheidens des Landes aus dem Euroraum auch Italien destabilisiert werden könnte. »Italien ist bereits aus der Schusslinie«, sagte Renzi. »Über uns wird nicht länger im selben Atemzug wie über unsere unglücklichen griechischen Freunde gesprochen.«

Auch der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron forderte, unabhängig vom Ausgang des Referendums rasch wieder mit den Griechen zu sprechen. »Was immer der Ausgang der Abstimmung ist, müssen wir morgen die politischen Diskussionen wieder aufnehmen«, sagte Macron am Sonntag. »Auch wenn das griechische Nein siegt, wird es unsere Verantwortung sein, dies nicht zum Versailler Vertrag der Eurozone zu machen«, sagte der Minister mit Blick auf das Abkommen, das Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg zu schmerzhaften Reparationen verpflichtete.

Update 12.25 Uhr: Schulz: Griechenland muss bei Nein-Votum neue Währung einführen
Während die Menschen in Griechenland längst in die Abstimmungslokale strömen, macht EU-Parlamentspräsident Martin Schulz weiter Wahlkampf – gegen SYRIZA und gegen ein Nein. Auf die Frage, ob bei einem »Nein« beim Referendum »nicht jede Grundlage für weitere Gespräche« mit den Gläubigern entzogen sei, antwortete der SPD-Politiker im Deutschlandfunk: »Für weitere Gespräche hinsichtlich von Hilfspaketen für Griechenland, im Rahmen der Schuldenbewirtschaftung und im Rahmen des Aufbaus des Landes – ja, dem ist die Grundlage entzogen, das ist so.« Schulz erklärte das Referendum erneut zu einer Frage über den Austritt aus dem Euro. Er behauptete: »Wir haben es ja mit einem Rechtsproblem zu tun. Zunächst einmal gehen da die Meinungen auseinander. Ist Griechenland nach diesem Referendum noch im Euro? Das ist sicher so, aber sie werden ja nach dem Referendum – wenn Sie nein sagen – irgendeine andere Währung einführen müssen, weil der Euro als Zahlungsmittel ja nicht zur Verfügung steht. Und wie wollen Sie die Gehälter bezahlen? Wie wollen Sie die Renten bezahlen? Nur in dem Moment, wo jemand eine neue Währung einführt, tritt er aus der Eurozone aus.« In griechischen Medien wurden die Äußerungen auf Schlagzeilen wie »Schulz: Griechenland muss bei Nein-Votum neue Währung einführen« verdichtet. Schwer anzunehmen, dass das nicht noch unentschiedene Wähler beeinflussen könnte – und wohl auch soll.

12.05 Uhr: Podemos-Chef Iglesias: Tsipras hat »viel Mut gezeigt«
Vor dem Referendum in Griechenland hat sich der Chef der linken Podemos, Pablo Iglesias, mit der Regierung in Athen solidarisch erklärt. Diese antworte mit Demokratie auf die »Tyrannei« der Gläubiger, sagte Iglesias. Ministerpräsident Alexis Tsipras habe »viel Mut gezeigt«. Zugleich kritisierte er die Geldgeber aus EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) scharf. Diese versuchten den Menschen in Griechenland und auch in Spanien mit Drohungen Angst einzujagen. Bei den Regionalwahlen am 24. Mai errang Podemos (»Wir können«) überraschende Erfolge unter anderem in den Metropolen Madrid und Barcelona. Bei den Parlamentswahlen Ende des Jahres will der 36-jährige Politikdozent Iglesias den Traditionsparteien den Sieg streitig machen. Bei einem Erfolg werde die spanische Regierung nicht mehr nach Brüssel fahren, »um sich bei Kaiserin Merkel zu bedanken, sondern um zu verhandeln«, sagte er.

Update 12 Uhr: Griechische Spitzenpolitiker haben Stimme abgegeben
SYRIZA-Chef und Premier Alexis Tsipras hat das Referendum bei seiner Stimmabgabe als einen Sieg der Demokratie bezeichnet. Der konservative Oppositionsführer Antonis Samaras betonte hingegen: »Wir Griechen entscheiden heute über das Schicksal unseres Landes. Wir sagen ja zu Griechenland und ja zu Europa.« Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos rief die Griechen zur Einheit auf. »Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung werden wir den schweren Weg, der nach dem Referendum vor uns liegt, gemeinsam gehen müssen«, sagte er.

Update 11.55 Uhr: Keine Zwischenfälle werden trotzdem gemeldet
»Über nennenswerte Zwischenfälle bei dem Referendum wurde zunächst nichts bekannt«, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Warum sollte auch? Fragt man eigentlich in der deutschen Wahlberichterstattung auch, ob es da »nennenswerte Zwischenfälle« gibt?

Update 11 Uhr: Achte Volksabstimmung in Griechenland seit 1920
Das Referendum in Griechenland ist die achte Volksabstimmung in dem Land seit 1920. Zuletzt fand 1974 ein Referendum statt, womit zahlreiche Griechen am Sonntag zum ersten Mal überhaupt an einer solchen Abstimmung teilnehmen. Auch die politische Dimension der Abstimmung ist neu - bislang drehten sich die Referenden vor allem um Fragen der Staatsform. Zwischen 1920 und 1974 gab es sieben Volksabstimmungen in Griechenland, die sich beinahe alle mit dem »Dilemma Monarchie oder Republik« beschäftigten und in unruhigen Zeiten stattfanden, sagt der Politologe Ilias Nikolakopoulos. »Zum ersten Mal haben wir nun ein Referendum, das eine Frage der internationalen und nationalen Politik behandelt.« Das sei »außergewöhnlich«. Gut an der Abstimmung sei, dass das Volk gefragt werde. Schlecht, dass das Referendum die Gesellschaft gespalten habe. Zuletzt waren die Griechen 1974 nach dem Ende der Militärdiktatur zu einem Referendum aufgerufen, um sich über die künftige Staatsform auszusprechen. Eine deutliche Mehrheit von 70 Prozent sprach sich für die Republik aus und besiegelte das Ende der Monarchie. Auch in den Jahren 1973 und 1968 und damit zur Zeit der Militärdiktatur fanden Referenden statt - diese dienten den Obristen laut Nikolakopoulos aber lediglich dazu, »die Diktatur zu legitimieren«.

Update 10.30 Uhr: Tsipras spricht von »Botschaft der Entschlossenheit«
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat nach der Stimmabgabe bei dem von ihm angesetzten Referendum die Bedeutung der Volksabstimmung für die Zukunft des Landes betont. »Niemand kann die Botschaft der Entschlossenheit eines Volkes ignorieren, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen«, sagte Tsipras am Sonntagvormittag in Athen. Der Linkspolitiker gab seine Stimme in einer Schule seines Wohnviertels Kipseli im Norden der griechischen Hauptstadt ab. Seine Regierung ruft die Bürger zum »Nein« auf, um gestärkt in die Verhandlungen mit der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds zurückzukehren. Es ist aber offen, ob es weitere Verhandlungen gibt.

Update 9.20 Uhr: Schulmeister: Neoliberalismus eignet sich nicht für Zusammenleben
Der Wiener Wirtschaftsforscher und Universitätslektor Stephan Schulmeister hat den sozial- und christdemokratischen Eliten Europas vorgeworfen, »das anteilnehmende Denken verlernt« zu haben. In einem Beitrag für das österreichische Magazin »Profil« schreibt Schulmeister, »auch wenn man seine politischen Gegner ›oben‹ bekämpft, braucht man/frau die Menschen ›unten‹ nicht zu vergessen (etwa die Millionen Griechen ohne Krankenversicherung)«. Mit Blick auf die Zukunft schreibt er, »ein vereintes Europa auf Basis des Neoliberalismus wird es nicht geben. Diese Weltanschauung eignet sich nicht für das Zusammenleben in Vielfalt.«

Update 9 Uhr: EFSF-Chef Regling: Neues Programm wird nicht so hart
Der Chef des Europäischen Rettungsschirmes EFSF, Klaus Regling, hat angedeutet, dass Griechenland bei einem neuen Stützungsprogramm nicht mehr so harte Auflagen der Gläubiger zu erwarten hätte. Der konservativen Athener Zeitung »Kathimerini« sagte Regling, Griechenland habe schon einen Großteil der nötigen fiskalischen Anpassungsprogramme umgesetzt, eine kommende Einigung mit Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und Europäischer Kommission werde »nicht so hart wie frühere Rettungspakete«, so die Zeitung. Regling zeigte sich besorgt über den Ausgang des Referendums, da Griechenland rund 140 Milliarden Schulden beim EFSF hat. Er äußerte zugleich die Ansicht, dass Griechenland »mit der richtigen Politik« wie andere Länder der Eurozone erfolgreich sein könne, die ebenfalls Stützungsmaßnahmen durchlaufen haben.

Update 8.35 Uhr: Steinmeier kennt nur einen Schuldigen: SYRIZA
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat in einem Interview am Tag des Referendums in Griechenland die dortige Regierung scharf kritisiert und allein für das Scheitern der Verhandlungen mit den Gläubigern verantwortlich gemacht. Es sei »eine Mischung von Unerfahrenheit, Ideologie und radikaler Rhetorik«, mit der diese die Verhandlungen in eine Sackgasse getrieben habe, sagte der SPD-Politiker »Tagesspiegel am Sonntag«. Dabei sei leider auf der Strecke geblieben, was dieser Kurs für die Menschen in Griechenland bedeute. Was für die Menschen auf der Strecke geblieben ist, seit in Griechenland die Krisenpolitik für soziale und wirtschaftliche Verwerfungen gesorgt hat? Steinmeier jedenfalls meint: Nach einem »Nein« beim Referendum werde es keineswegs leichter, zu einem Kompromiss zu kommen - »im Gegenteil«. Steinmeier warnte zugleich vor negativen Folgen eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone für das Ansehen der Europäischen Union. »Selbst wenn wir eine solche Entwicklung finanz- und währungspolitisch bewältigen können, wäre das Signal eines Grexit an die Länder außerhalb der EU verheerend«, sagte er. Die Regierung in Griechenland strebt ein Ausscheiden aus der Eurozone aber gar nicht an. Auch ist weder ein rechtliches Verfahren dazu vorgesehen, noch kann die Abstimmung in Griechenland als Referendum über den Euro bezeichnet werden, wie auch EU-Ratspräsident Donald Tusk am Samstag noch einmal klargestellt hat.

Update 8.25 Uhr: Oxi! Solidaritätsdemos in mehreren Städten
Am Samstag demonstrierten noch einmal Tausende in mehreren Städten ihre Solidarität mit der SYRIZA-geführten Regierung in Griechenland. Inder portugiesischen Hauptstadt Lissabon gegen Menschen ebenso auf die Straße wie in Großbritanniens Metropole London, in Istanbul in der Türkei oder in Sydney in Australien.

Update 8 Uhr: Die Krisenpolitik ist gescheitert, deshalb: Oxi
Das Ergebnis der Januarwahl in Griechenland, aus der eine Linkspartei als Sieger hervorging, wurde als nicht marktkonform angesehen - und seither versuchen jene, die als marktkonforme Demokraten gelten, dieses Wahlergebnis zu korrigieren. Es gibt gute, nein: sehr gute Gründe dafür, dass die Griechen am Sonntag mit Oxi (Nein) stimmen. Die Krisenpolitik, die in Berlin maßgeblich geplant wird, hat dem Land seit Frühjahr 2010 sieben Kürzungspakete aufgezwungen. Die Nachfrage brach ein, Hunderttausende verarmten, die Arbeitslosigkeit ist heute doppelt so hoch wie vor den »Hilfen«. Die Staatsschulden sind praktisch kaum gesunken, nur die Gläubiger sind heute andere. Selbst der IWF sagt, eigentlich braucht es einen Schuldenschnitt. Die bisher verfolgte Krisenpolitik ist gescheitert. Ein Kommentar von nd-Chefredakteur Tom Strohschneider

Update 7 Uhr: Das Referendum, die Stimmung und die deutsche Berichterstattung
Eine interessante Zusammenfassung zur aktuellen Umfrage-Lage in Griechenland vor dem Referendum findet sich im Onlineportal treffpunkteuropa.de. »Die Griechen stehen weiter hinter ihrem Regierungschef Alexis Tsipras. Ob er ein Nein beim Referendum über das Hilfspaket durchsetzen kann, ist jedoch ungewiss. Besonders Jungwähler scheinen auf der Seite des Ministerpräsidenten zu stehen. Die Rentner dagegen dürften klar mit Ja votieren. Ihre Stimmung hat sich insbesondere mit der Schließung der Banken am Monat verändert. Insgesamt zeigen die Umfragen, dass die deutschsprachige Berichterstattung nicht immer der Stimmung in Griechenland entspricht.«

Oxi oder Nai: Die Stimmlokale sind geöffnet

Berlin. In Griechenland hat die Volksabstimmung über die Gläubigerpolitik begonnen. Knapp zehn Millionen Bürger des Eurostaats sollen über die Bedingungen entscheiden, unter denen ein ausgelaufenes Kreditprogramm hätte fortgesetzt werden können. Die Auflagen der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds waren sehr umstritten, da sie Kürzungen bei den Renten und die Erhöhung der Mehrwertsteuer verlangten. Die SYRIZA-geführte Regierung war den Gläubigern bereits weit entgegengekommen, doch eine Einigung scheiterte kurz vor Ablauf des Kreditprogramms Ende Juni.

Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras hat dazu aufgerufen, mit »Nein« zu stimmen, um gestärkt in die Verhandlungen mit den Geldgebern zurückzukehren. Der Präsident des Europäischen Rates, der polnische Politiker Donald Tusk, hat am Samstag ausdrücklich verneint, dass das Referendum über den Verbleib Griechenlands in der Eurozone entscheide, wie es vor allem von deutschen Politikern aber auch anderen EU-Vertretern immer wieder behauptet wird. Auch die Nachrichtenagentur AFP schreibt, »vielen Griechen gilt das Referendum als Abstimmung über den Verbleib in der Eurozone«. »Es ist völlig klar, dass das Referendum keine Abstimmung über die Mitgliedschaft in der Eurozone ist«, sagte Tusk in einem Interview mit der Website Politico. Vielleicht müsse man lernen, damit zu leben, dass auch ein Land in der Eurozone pleite gehen könne, sagte Tusk.

Die Wahllokale sind von 6 Uhr bis 18 Uhr MESZ geöffnet, erste Ergebnisse werden gegen 20 Uhr erwartet. Nach Umfragen wurde ein sehr knappes Ergebnis erwartet. In Griechenland selbst hielten sich die Lager zuletzt die Waage. Eine Umfrage von GPO ergab 44,1 Prozent für Ja und 43,7 Prozent für Nein beim Referendum, während laut einer Alco-Umfrage 44,5 Prozent für die Annahme der internationalen Vorschläge sind und 43,9 Prozent dagegen. Seit die Regierung am Montag auf Druck der Gläubiger Kapitalverkehrskontrollen einführen musste, gewann die Ja-Seite dazu.

Varoufakis: Schäuble wollte schon 2012 den Grexit
Nobelpreisträger Stiglitz plädiert für »Oxi« / Euro-Länder versuchten IWF-Bericht zu stoppen / EU-Ratspräsident Tusk: Keine Abstimmung über den Euro / Tsipras: Es geht darum, »ob wir mit Würde in Europa bleiben« - der Newsblog vom Samstag zum Nachlesen

Die frühere griechische Außenministerin und führende Oppositionspolitikerin Dora Bakogianni hat die harte Haltung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für das Referendum über die Sparpolitik in Griechenland verantwortlich gemacht. »Herr Schäuble wollte ein Referendum in Griechenland«, sagte die Politikerin der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) der Nachrichtenagentur AFP. Sie hätte von Schäuble erwartet, dass er den Vorschlag des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras vom vorvergangenen Montag im Volumen von acht Milliarden Euro annehmen würde. »Dann hätte Herr Tsipras Probleme gehabt, seinen Vorschlag in den eigenen Reihen durchzubringen. Und dann wäre der Populismus in Griechenland endgültig tot gewesen«, sagte Bakogianni. Doch trotz seiner großen politischen Erfahrung habe Schäuble den Vorschlag abgelehnt. Durch die Weigerung Schäubles und der Eurogruppe »hat Herr Tsipras einen Ausweg gefunden«, sagte Bakogianni weiter. »Dieses Nein hat Herrn Tsipras die Möglichkeit gegeben, dieses Referendum zu machen. Und jetzt stehen wir vor dem Problem.«

Bei einem Sieg des Nein-Lagers würde Tsipras nur »für ein paar Stunden« triumphieren, prognostizierte die konservative Politikerin weiter. »Aber man ist kein Held mit geschlossenen Banken. Wir brauchen auch bei einem 'Nein' eine Einheitsregierung. Griechenland hat die Kräfte, sich mit unseren Partnern auf ein wirklich gutes Programm einigen zu können, aber wir brauchen eine Zusammenarbeit der Parteien.«

Österreichs Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) rechnet beim Referendum mit einer Mehrheit für den Kurs der Gläubiger. »Ich denke, dass am Ende die Vernunft siegt, weil das griechische Volk weiß, dass es nicht nur um die Zukunft des Euro geht, sondern um die Zukunft von Griechenland, und damit um ihre eigene Zukunft«, sagte Schelling der »Welt am Sonntag«.

Er sagte, die Kreditgeber seien weiter zu Verhandlungen bereit. »Wir sind den Griechen sehr weit entgegengekommen, und unsere Hand bleibt ausgestreckt.« Entscheidend sei, dass die griechische Regierung sage, was sie wirklich wolle und das sowohl öffentlich als auch in den Verhandlungen vertrete. »Dann können wir sofort zurück an den Verhandlungstisch«, betonte er. Agenturen/nd

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