Neue Paketzusteller werden Niedriglöhner

Einigung im Tarifstreit bei der Post / ver.di-Verhandlungsführerin spricht von einem »umfassenden Sicherungspaket für die Beschäftigten« / Post-Chef zeigt sich zufrieden

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Der Knackpunkt des Tarifkonflikts bei der Post war die Gründung des Niedriglohnsektors bei den Paketzustellern. Dieser bleibt bestehen - und soll wachsen. Bei Briefträgern ist der Niedriglohn bis 2018 ausgeschlossen.

Bad Neuenahr/Bonn. Nach vier Wochen Dauerstreik und einer dreitägigen Marathon-Tarifrunde in Bad Neuenahr (Rheinland-Pfalz) einigten sich das Unternehmen und die Gewerkschaft ver.di am Sonntagabend auf einen Tarifabschluss. Der Streik soll in der Nacht von Montag auf Dienstag um 24.00 Uhr enden, wie die Tarifparteien mitteilten.

Post-Chef Frank Appel sprach von einem »guten Tag für die Deutsche Post, ihre Kunden und Mitarbeiter«. Nach dem Ende des Streiks werde sich der Betrieb im »absoluten Gros« der Zustellbezirke innerhalb von Tagen normalisieren, sagte Post-Personalchefin Melanie Kreis.

Die rund 140.000 Post-Beschäftigten erhalten der Einigung zufolge zum 1. Oktober 2015 zunächst eine Einmalzahlung von 400 Euro. Anschließend bekommen sie zum 1. Oktober 2016 zwei Prozent und zum 1. Oktober 2017 dann noch einmal 1,7 Prozent mehr Geld.

»Wir konnten ein Gesamtpaket vereinbaren, das unseren Mitarbeitern Sicherheit und Perspektive bietet sowie gleichzeitig künftiges Wachstum ermöglicht«, sagte Kreis. ver.di-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis nannte den Abschluss ein »umfassendes Sicherungspaket für die Beschäftigten«.

Niedriglohnsektor bei Paketzustellern bleibt bestehen – und soll wachsen

Die zum Jahresbeginn ausgegründeten Paketgesellschaften DHL Delivery mit schlechterer Bezahlung werden nicht aufgelöst oder in den Post-Haustarifvertrag aufgenommen. Die Post verpflichtet sich aber, ihre aktuell im Unternehmen arbeitenden Paketzusteller beim Mutterkonzern zu behalten. Laut ver.di sind das rund 7.650 Menschen. Nur neu eingestellte Beschäftigte können damit in die ausgegründeten Gesellschaften kommen.

Die Post will die neue Paketsparte personell noch stark ausbauen. Angesichts des boomenden Online-Handels plant sie, den Personalstand von jetzt 6500 bis zum Jahr 2020 auf 20.000 auszuweiten. Diese Zahl sei angesichts des erfolgreiches Starts von Delivery »sehr realistisch«, sagte Kreis.

Der Kündigungsschutz bei der Post wird zudem um vier Jahre bis Ende 2019 verlängert. Eine Vergabe von Brief- oder kombinierter Brief- und Paketzustellung an Fremdfirmen ist bis Ende 2018 ausgeschlossen. Damit kommt die Post der Sorge der Gewerkschaften entgegen, dass nach der Gründung von Paketgesellschaften unterhalb des Haustarifs bald auch im Briefgeschäft der Haustarif unterlaufen werden könnte. Der Streit um das Unterlaufen von Haustarifverträgen durch Ausgründungen war als Streit ums Ganze kommentiert worden.

Dem unbefristeten Streik war ein bereits seit Ostern schwelender heftiger Tarifkonflikt vorausgegangen. Beide Seiten hatten sich am Freitag dann wieder zusammengesetzt, um nach einer Lösung zu suchen. Am Samstag und Sonntag waren die Gespräche mit nur sehr kurzen Pausen fortgesetzt worden.

Post will nach Streik-Ende »innerhalb von Tagen« zum Normalbetrieb

Unterdessen arbeitet die Post mit Hochdruck an der Rückkehr zum Normalbetrieb - der Beförderung der allermeisten Sendungen am Folgetag. Vorerst komme es »insbesondere in einigen Regionen zu erhöhten Rückständen bei der Zustellung«, teilte die Post auf ihrer Homepage mit. Wenn der Poststreik in der Nacht von Montag auf Dienstag zu Ende geht, werde sich die Arbeit im Großteil der Zustellbezirke innerhalb weniger Tage normalisieren, hatte Post-Personalchefin Melanie Kreis am Sonntagabend angekündigt.

Allerdings könnte es vor allem bei Paketen noch länger dauern. In Brandenburg sprach ver.di-Fachsbereichsleiterin Benita Unger von ein bis zwei Monaten möglicher Verspätung.

An dem Streik hatten sich in den vergangenen Wochen täglich um die 30.000 Beschäftigte beteiligt. Millionen Briefe und Pakete blieben jeden Tag liegen, die jetzt Schritt für Schritt zugestellt werden müssen. Die Auswirkungen seien regional sehr unterschiedlich. »Aber wir setzen alles daran, die Rückstände sehr zeitnah aufzuarbeiten«, sagte Kreis der Deutschen Presse-Agentur. Am (heutigen) Montag als letztem Streiktag gehe die Beteiligung schrittweise zurück, sagte ein verd.i-Sprecher. »Wer schon vor Mitternacht zur Arbeit gehen will, kann das gern tun. Wir haben nichts dagegen«, sagte er.

Insgesamt lief der Ausstand seit Ostern an 52 Streiktagen. Die Gesamtkosten dürften sich auf einen hohen zweistelligen oder sogar einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag addieren. Die Post hatte mit Aushilfskräften, Umorganisation sowie Zusatzarbeit an drei Sonntagen versucht, die Postberge abzubauen und dafür nach Schätzungen täglich Millionen aufgewendet. Dabei hatte sie auch auf die umstrittene Methode zurückgegriffen, Beamte einzusetzen. Ver.di hatte dagegen geklagt – und war mit der Klage vor Gericht zweimal gescheitert.

Die Streikkasse der Gewerkschaft dürfte mit etwa 30 Millionen Euro belastet worden sein, berechnete Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln der »Welt am Sonntag« zufolge. Bestätigungen für diese Zahlen gab es weder von der Post noch von ver.di.

Die Post hatte in dem vierwöchigen unbefristeten Streik nie benannt, welche Regionen besonders betroffen waren. Nach Schilderung von Postkunden gab es aber vor allem in Ostdeutschland große Probleme, da dort kaum Beamte für streikende Angestellte einspringen konnten. Berlin und München waren stark beeinträchtigt, aber beispielsweise auch im nordrhein-westfälischen Münster blieben Briefe teils zwei Wochen liegen. nd/dpa

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