Seltene Erden in heiligen Wäldern

In Kenia kämpft das Mijikenda-Volk um Erhalt von Weltkulturerbe

  • Miriam Gathigah, Kaya Kinondo
  • Lesedauer: 3 Min.
Mitten in der südkenianischen Küstenprovinz liegen die wohl eigentümlichsten Weltkulturerbe-Stätten der Welt: Reste von Siedlungen, in denen einst die Vorfahren der indigenen Mijikenda lebten.

Von der Lokalbevölkerung werden sie »Kayas« genannt: Die bewaldeten und heiligen Stätten, Siedlungen, die auf das 16. Jahrhundert zurückgehen. Sie sollen von Hirtengemeinschaften, die aus dem heutigen Somalia stammten, in der flachen Hügellandschaft in Küstennähe geschaffen worden sein. Im Verlauf der Jahrhunderte kultivierten sie ihre eigene Sprache und Bräuche.

Anfang des 20. Jahrhunderts leiteten Hungerkrisen und Kämpfe den Niedergang der »Kayas« ein. Auch wenn sie heute unbewohnt sind, sind sie für die Mijikenda geweihte Orte, an denen sie beten und ihre Riten und Bräuche durchführen. Der besonderen Pflege der Volksgruppe ist es zu verdanken, dass auch heute noch Gehölze und Gräber an eine Zeit erinnern, in der weitläufige Wälder die Küsten umsäumten.

Doch seit in den Küstenregionen seltene Erden gefunden wurden, droht den »Kayas« der Untergang. Darüber hinaus lagern noch andere Rohstoffe im Boden, die für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes von Belang sind. Hinzu kommt das Interesse der Immobilienunternehmen.

Angesichts dieser Gefahren organisieren die Mijikenda den Widerstand. Mnyenze Abdalla Ali gehört dem Kaya-Kinondo-Ältestenrat an. Er vertritt die Interessen der Mijikenda im Kreis Kwale im äußersten Süden der Küstenprovinz. Sein Volk, das einem jüngsten Zensus zufolge 1,9 Millionen Angehörige zählt, sei kulturell und spirituell mit den Wäldern seiner Vorfahren verbunden, erläutert er.

Die Mijikenda verteilen sich auf Untergruppen. Gemeinsam ist ihnen die Sprache und Kultur. Jede Untergruppe hegt und pflegt ihren eigenen »Kaya«, was »Heimat« oder »Dorf«, bedeutet, wie Ali erläutert.

Für die Indigenen sind ihre Wälder geheimnisvolle Orte, an denen die Geister der Vorfahren anzutreffen sind. Sie werden verehrt und geschützt. Dazu meint Hamisi Juma, eine Mijikenda, die sich dem Kaya Kinondo zugehörig fühlt: »Nichts darf dem Wald entnommen, nicht ein einziger herabgefallener Ast darf als Feuerholz verwendet werden.«

Wie sie im Gespräch mit IPS erläutert, sind die Waldressourcen ausschließlich rituellen und traditionellen Zeremonien vorbehalten. »Wenn wir etwa eine Ziege schlachten und Zweige brauchen, um dafür ein Feuer zu entfachen«, meint sie. Die Zeremonien würden nur im Wald durchgeführt.

Kein Wunder also, dass sich die rund 50 »Kayas« in den Landkreisen Kwale, Mombasa und Kilifi in der Küstenprovinz durch einen unerhörten Artenreichtum auszeichnen. Das kenianische Umweltministerium hat die Region zum Biodiversitäts-Hotspot erklärt und zugesagt, die erforderlichen Mittel für dessen Schutz bereitzustellen.

Diese Küstenwälder wurden 2008 von der Weltkulturorganisation UNESCO in die erlauchte Liste der 1000 Weltkulturerbe-Stätten aufgenommen. Die Kayas gäben ein »hervorragendes Beispiel für traditionelles menschliches Siedlungswesen, das für eine einzigartige Interaktion mit der Umwelt steht«, betonte die UNESCO und wies ferner darauf hin, dass die Kayas für die Indigenen Quelle ihres Lebensverständnisses seien.

Die Wälder mit ihren Medizinalpflanzen und -kräutern sind auch als natürliche Apotheken von Bedeutung, wie Eunice Adhiambo, Projektmanagerin des Ujamaa-Zentrums, betont. Die Arbeit der Nichtregierungsorganisation gründet auf der Philosophie des ehemaligen tansanischen Präsidenten Julius Nyerere, derzufolge es wichtiger ist, Sozialkapital aufzubauen als Kapital anzuhäufen.

Um den ethnischen Gemeinschaften in Kenia zu helfen, unterstützt das Ujamaa-Zentrum den Kampf der Mijikenda, ihre unbeschädigten und einzigartigen Landschaften zu schützen. Der Ausgang ist ungewiss. IPS

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