Wo Kinder in den Panzer dürfen

Regierungslob für Ausbildungsmesse IdeenExpo in Hannover - Kritik von Friedensgruppen

  • Hagen Jung, Hannover
  • Lesedauer: 3 Min.
Als Zeichen der Anerkennung für die IdeenExpo hatte Niedersachsens Regierung ihre Kabinettsitzung auf jene Berufsausbildungs-Messe verlegt. Doch an der Präsenz der Bundeswehr dort gibt es Kritik.

Ministerpräsident Stephan Weil und Kultusministerin Frauke Heiligenstadt stampfen Sand in Gussformen fest. Neben den beiden SPD-Promis steht schon Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) mit flüssigem Metall im Gießlöffel parat. Eine Szene vom Rundgang der niedersächsischen Landesregierung über die IdeenExpo in Hannover. Unternehmen und Einrichtungen ermöglichen dort Einblicke in den Berufsalltag. Kennen lernen sollen ihn auf dem Messegelände vor allem Kinder ab etwa zehn Jahren, Jugendliche und junge Erwachsene. Geöffnet ist diese Messe noch bis zum kommenden Sonntag.

Finanziert wird das Ganze - die IdeenExpo ist eintrittsfrei - von Sponsoren, der EU und dem Land. Wie sehr dessen rot-grüne Regierung die Bildungsmesse schätzt, zeigte sie am Dienstag durch eine Kabinettsitzung vor Ort. Wesentliches Thema war das »Bündnis Duale Berufsausbildung«, das Niedersachsen mit Gewerkschaften, Verbänden und der Wirtschaft geschaffen hat. Aufgabe dieses Bündnisses ist es, junge Menschen für eine parallel in Betrieb und Berufsschule verlaufende Ausbildung zu interessieren. Ministerpräsident Weil gab zu bedenken: Es gebe viele Jugendliche, die wissen vor und nach dem Verlassen der Schule »nicht, wie es weiter gehen soll«. Ihnen solle das Bündnis helfen aber auch der Wirtschaft, deren Fachkräftemangel angesichts der demografischen Prognosen immer mehr zunehme.

Wie konkrete Hilfe für Schulabgänger aussehen soll, erläuterte Kultusministerin Heiligenstadt. Zum Beispiel durch Jugendberatungsagenturen, die in den Kommunen eingerichtet werden.

Beraten wollen auch die 230 IdeenExpo-Aussteller. Einer unter ihnen hat Unmut ausgelöst: die Bundeswehr. Sie gehöre nicht auf eine solche Messe, betonen Friedensinitiativen. Die modernen Militärwerber, die über »Karriere« bei der Bundeswehr informieren, wissen um die Begeisterung junger Menschen für Technik. Schon im Internet locken sie ihr Expo-Publikum: »In unserem Flugsimulator hast Du die Chance, einmal in einem Jet durch die Luft zu fliegen oder im Kampfstand eines Kampfpanzers durchs Gelände zu fahren.« Das zieht! Vor dem Simulator bilden sich Warteschlangen.

Oder die Kinder, die Jugendlichen erforschen den Panzer, den die Werbertruppe aufgefahren hat. Das Monstrum ohne Ketten und Kanone ist wehramtlich gar kein Panzer, sondern ein »schwer geschütztes Sanitätsfahrzeug« für Auslandseinsätze. »Boxer« heißt der Koloss. »Du kannst ihn Dir in aller Ruhe aus der Nähe ansehen, einsteigen und auch einmal ausprobieren, wie man hier bis zu sieben Verletzte unterbringen kann«, macht die Bundeswehr den Schülern die Sache schmackhaft.

So gar nicht schmecken Panzer & Co. dem Friedensbüro Hannover und den Vereinigten Kriegsdienstgegnern. Die Bundeswehr, so mahnen die Initiativen, sei keine »normale Firma«, sondern eine militärische Institution. Alle ihre »Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter« seien in einen Prozess eingebunden, in dem gegebenenfalls gestorben und getötet wird. Kinder und Jugendliche könnten das oft nicht durchschauen. Sie seien häufig auch der Faszination technischer Abläufe und Geräte erlegen, »deren Eingebundensein in militärische Ziele nicht hinreichend deutlich wird«. Genau aus diesem Grund fordere der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes ein Verbot aller militärischen Werbemaßnahmen, die sich an Kinder richten.

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