Deutsche Vorherrschaft
Tom Strohschneider über den Grexit als politischen Hebel und »wahrhaft europäischen Geist«
Der Präsident des Europaparlaments hat Alexis Tsipras am Sonntag vor Beginn des Euro-Gipfels aufgefordert, »in wahrem europäischem Geist« zu verhandeln. Ob Martin Schulz eine ähnliche Botschaft auch für den Bundesfinanzminister übrig hatte, ist nicht bekannt. Was Wolfgang Schäuble unter europäischem Geist versteht, dagegen sehr wohl: Der Mann ist die Inkarnation eines deutschen Vormachtprojekts, das Europa als autoritären Verwaltungszusammenhang begreift - Hauptsache, es ist für deutsche Interessen nützlich.
Wobei im Begriff der »deutschen Interessen« selbst schon eine Herrschaftslüge steckt. Denn was da gegen die linke Regierung in Griechenland, gegen die Idee europäischer Integration, gegen die Möglichkeit grenzüberschreitender sozialer Solidarität in Stellung gebracht wird, ist nicht einmal im Interesse einer Mehrheit der hiesigen Bevölkerung.
Es ist zu Gunsten von Schäuble vorgebracht worden, dass es doch nötig sei, alle Eventualitäten vorab zu bedenken - also auch einen möglichen Grexit. Doch Schäuble geht es keineswegs um Risikovermeidung, im Gegenteil: Um SYRIZA maximal zu schaden, um Frankreich, Spanien und Italien, die den Honig der Freiheit von deutschen Austeritätsketten in Europa auch schmecken könnten, vor einem Ausscheren zu warnen, geht Schäuble maximales Risiko ein. Deshalb handelt jeder, der Berlin jetzt in den Arm fällt, »in wahrem europäischem Geist«.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.