Per Gesetz vom Bier zum Reisschnaps
Laos sagt dem Alkoholkonsum den Kampf an und und muss Schwarzbrennerei fürchten
Der Junge hat es schwer. Er schleppt eine Plastiktüte mit vier Flaschen Bier. Er muss die Arme hochheben, damit die Tüte nicht auf dem Boden schleift. Sein Vater sitzt mit Freunden vor dem Haus und wartet auf Nachschub. Eine alltägliche Szene in Laos, einem Land, in dem das Gelb und Grün der allgegenwärtigen Beer Lao-Reklame die Landschaft stärker prägen als die Nationalfarben Rot, Blau und Weiß. Damit soll nun Schluss sein.
Das zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Erde zählende Laos, das in den meisten Entwicklungsparametern den anderen Mitgliedern der asiatischen Staatengemeinschaft ASEAN hinterherhinkt, hat seine Nachbarn in einem überflügelt: dem Alkoholkonsum. Jeder der knapp sieben Millionen Einwohner des Landes am Mekong trinkt nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation mehr als sieben Liter reinen Alkohol im Jahr.
Das beunruhigte die Führung des Landes so stark, dass im Eiltempo ein Gesetz über die Kontrolle alkoholhaltiger Getränke auf den Weg gebracht wurde. Im Dezember letzten Jahres vom Parlament verabschiedet, wurde es schon im Januar per Präsidentenerlass in Kraft gesetzt. Dem Gesetz nach sichert der Staat zu, Produktion und Vertrieb von Alkohol zu beschränken. Die Gesellschaft wird aufgerufen, dessen Konsum zu verringern und schließlich ganz zu beenden. Auch die Werbung für alkoholische Getränke soll von nun ab Beschränkungen unterliegen.
Doch die Väter und Mütter des Gesetzes geben sich mit Appellen nicht zufrieden. Alkohol soll nur noch in der Zeit von 16 bis 23 Uhr an Verbraucher abgegeben werden. Ob dies nur für den Handel oder auch für Restaurants gilt, sagt das Gesetz nicht so genau. Auch andere Passagen des Rechtsaktes sorgen nicht nur für Überraschung, sondern auch für Ratlosigkeit. Liest man die Aufzählung all der Orte und Einrichtungen, in deren Nähe kein Alkohol mehr abgegeben werden darf, stellt sich sofort die Frage nach den Abmessungen des Bannkreises. Neben Schulen und Krankenhäusern ist nämlich auch die Umgebung von religiösen Einrichtungen, Botschaften, Sportstätten und staatlichen Einrichtungen für Bierseligkeit tabu. Auch eine Anhebung der Steuern auf alkoholhaltige Getränke gehört zum Maßnahmekatalog.
Getroffen wird damit vor allem die Lao Brewery Company, die mit dem über weit die Landesgrenzen hinaus bekannten Beer Lao in der Heimat einen satten Marktanteil von 98 Prozent hält. Die Firma, die zu 51 Prozent Carlsberg gehört, war bis zum Aufschwung der Gold- und Kupferminen über lange Jahre der größte Steuerzahler des Landes. Nun soll sie quasi freiwillig Verzicht üben. Mit netten Gesten ist man schon dabei. Zum Beispiel, dass man nur nach Eingabe eines Datums, das die Volljährigkeit anzeigen soll, auf die Website der Firma kommt.
Die Kneiper des Landes sind da nicht so penibel. Es waren nicht zuletzt die Hundertschaften von Schülern und Studenten, die schon unmittelbar nach Schulschluss in Schuluniform an den Tresen wechselten und den öffentlichen Anstoß für das Gesetz gaben. Auch die Statistiken der Verkehrsunfälle schreien förmlich nach Aktion, stehen doch nach Angaben der Polizei mehr als ein Drittel der Unfallopfer unter dem Einfluss von Alkohol. Da auch andere Übel wie häusliche Gewalt mit Schnaps und Bier in Zusammenhang gebracht werden, soll ein radikaler Schnitt die Lösung bringen.
Die Umsetzung des Rechtsaktes scheint problematisch. Den Herstellern von Beer Lao wird man sicher genauer in die Bücher schauen, doch können steigende Preise und Restriktionen auch dazu führen, dass manch ein Dorfbewohner den Destillierapparat wieder in Betrieb nimmt. Denn vor dem Bier, dessen Anteil am Alkoholverbrauch mehr als ein Drittel des Gesamtverbrauchs ausmacht, war der Reisschnaps Favorit - meist aus heimischer Produktion, oft mit mehr als 40 Prozent Alkohol und schwer zu kontrollieren.
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