Landtag ruft zu Protest in Bad Nenndorf auf

Niedersachsens Parlament mobilisiert zum 1. August

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Emsig trommeln die Nazis wieder im Internet für ihren sogenannten Trauermarsch, bei dem die rechte Rotte am 1. August in der niedersächsischen Kurstadt Bad Nenndorf das »Wincklerbad« ansteuern will. Nach dem Krieg hatte die britische Besatzungsmacht das Gebäude als Verhörzentrum genutzt. Schergen des Hitlerregimes waren dort auch misshandelt worden. Unter Verweis darauf versuchen Nazis nun schon zum zehnten Mal, in Nenndorf die Verbrechen der NS-Diktatur zu relativieren.

Mit Vorbereitungen für den 1. August sind auch die vielen Antifaschisten beschäftigt, die der braunen Horde seit deren erstem Auftauchen im Jahr 2006 immer wieder signalisieren: Haut ab! Das Bündnis »Bad Nenndorf ist bunt« und der Deutsche Gewerkschaftsbund haben zu einer Kundgebung aufgerufen, und die »Marschstrecke« werden Nenndorfer erneut so farbenfroh wie möglich schmücken. Während die Nazi-Kolonne durch die Straßen zieht, sollen Partys in Vorgärten die platten Parolen der Rechtsextremisten übertönen. Auch die Initiative »Kein Naziaufmarsch« will präsent sein.

Erstmals hat nun Niedersachsens Landtag einstimmig erklärt: Er unterstützt die Aktionen der Bürgerinnen und Bürger, und er ruft »alle Menschen in Niedersachsen« auf, gemeinsam mit den Nenndorfern gegen das rechte Spektakel zu demonstrieren. Im zehnten Jahr der Nazi-Aufmärsche solle deutlich gemacht werden, »dass Geschichtsrevisionisten in unserer Gesellschaft keinen Platz haben«.

Mit Sorge, so der Landtag, beobachte er zunehmenden Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Antiziganismus. Die Angriffe auf Flüchtlingsheime seien mahnendes Zeichen. Einem Wiedererstarken rechtsextremer Ideologien könne nur durch konsequentes Engagement der Gesellschaft begegnet werden.

Als ein »wunderbares Signal gegen die gewaltbereiten Hetzer« würdigte Julia Willie Hamburg, Sprecherin für Antifaschismus in der Grünen-Fraktion, das Engagement der Bad Nenndorfer. Gar nicht genug Anerkennung könne man ihrem kreativen Widerstand zollen, der sich gegen den »Trauermarsch« richtet. Dessen Teilnehmer verfügten über ein großes Gewaltpotenzial und seien von Hass erfüllt, warnte Hamburg in der Landtagssitzung und erinnerte: Beim Marsch 2013 hatte der bekannte Neonazi Dieter Riefling über Megaphon die Polizei aufgefordert, Gegendemonstranten, die sich angekettet hatten, die Finger abzuschneiden. Auch sie werde am 1. August in Bad Nenndorf gegen die Nazis demonstrieren, kündigte die Politikerin an.

Sein Erscheinen dort hat auch der SPD-Abgeordnete Michael Hönsch zugesagt. Er mahnte: Nazis hätten nach wie vor das Ziel, Menschen zu verrohen und ihnen ihr Mitleid zu nehmen, um sie Gewalt gegen andere Menschen ausüben zu lassen. »Sie tun es beim AfD-Stammtisch, bei Demonstrationen gegen Flüchtlingsunterkünfte, und sie tun es besonders gern online«, sagte Hönsch.

Namens der CDU-Fraktion rief Editha Lohrberg den Bad Nenndorfern zu: »Wir stehen an Ihrer Seite.« Stefan Birkner von der Landtags-FDP betonte: Die gegen Rechtsextremismus demonstrierenden Bürgerinnen und Bürger in der Kurstadt verdienen Anerkennung, aber auch die Polizisten, die am 1. August dort Dienst tun müssen. So ein Einsatz sei extrem schwierig, gerade für junge Beamte, erklärte Birkner. Denn: »Sie müssen auch die Meinungsfreiheit derer schützen, die wir gar nicht dort sehen wollen«.

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