US-Kohleindustrie sieht schwarz

Billiges Erdgas und Erneuerbare treiben Bergbauunternehmen die Pleite

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Das US-Kohleunternehmen Alpha Natural Resources musste Insolvenz anmelden. Der Geschäftsführer sieht die gesamte Branche bedroht.

Billiges Erdgas, Expansion von Sonnenstrom und Windenergie sowie sinkende Nachfrage bei Großkunden zwingen den US-Kohlebergbau in die Knie. Hinzu kommt der gerade vorgestellte »Clean Power Plan« des Präsidenten, der auf sauberen Strom aus erneuerbaren Energiequellen setzt. Fast zeitgleich meldete in dieser Woche Alpha Natural Resources Insolvenz an. Alpha ist die Nummer eins bei der Produktion von Kohle für die Verhüttung von Eisenerz und anderen Metallen in den USA. Der Firmenchef Kevin Crutchfield sieht den Niedergang von Alpha als symptomatisch für die ganze Branche: »Die Kohleindustrie der Vereinigten Staaten ist in ihrer gegenwärtigen Struktur nicht zu erhalten.«

Alpha hatte in der Vergangenheit vom Boom der chinesischen Wirtschaft profitiert. Um die gesteigerte Nachfrage zu bedienen, kaufte Alpha den Konkurrenten Massey Energy 2011 für 7,1 Milliarden Dollar (6,47 Milliarden Euro) auf. Aber Chinas Wirtschaft boomt nicht mehr. Sie versucht sogar, ihren Kohleverbrauch zu reduzieren, um die Hauptquelle für die Smogplage im Land zu beseitigen.

Der Preis für Verhüttungskohle ist inzwischen auf den tiefsten Stand seit elf Jahren gefallen. Bei Alpha brechen deshalb die Einnahmen ein. Die Firma hat Bestände im geschätzten Wert von 10,1 Milliarden Dollar, aber mehr als sieben Milliarden Dollar Schulden. Darunter sind drei Milliarden kurzfristig fällige Verpflichtungen, die Alpha nicht bedienen kann. Deshalb wurde Insolvenz angemeldet, um dem Unternehmen Zeit zum Begleichen seiner Schulden zu verschaffen. Die soll auch zur Restrukturierung genutzt werden, um Alpha wieder in die Gewinnzone zu führen. Crutchfield sprach davon, die Grundlagen für die Geschäftstätigkeit zu verbreitern - und damit die Abhängigkeit von der Kohle zu mindern.

Alpha steht mit seinen Problemen nicht allein da. James River Coal, Patriot Coal und Walter Energy haben Insolvenz angemeldet. Arch Coal steht kurz vor der Pleite und schlägt den Gläubigern eine Umschuldung vor. Aber die zögern angesichts der Lage der Branche. »Wir werden noch mehr Bankrotte erleben, sodass die Indus-trie bei Kapazitäten und Produktion auf eine Größe schrumpfen kann, die das finanzielle Überleben sichert«, sagte John Lichtenstein von der Beratungsfirma Accenture Strategy.

Die Kohlefirmen sind in Not geraten, seit Erdgas im Zuge des umstrittenen Frackingbooms immer billiger geworden ist und die Kohle ersetzt. Auch macht der teuere Dollar es immer schwerer, Kohle im Ausland abzusetzen. Hinzu kommt, dass die Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind auch in den USA längst aus dem Schattendasein herausgetreten sind. Die Kohleproduktion ist seit 2008 um 15 Prozent gesunken, berichtet das US-Energieministerium. 30 Prozent des Stromverbrauchs in den USA werden noch durch Kohle gedeckt.

Dass Präsident Barack Obama die Details seines »Plans für sauberen Strom« am Tag der Bankrotterklärung von Alpha Natural Resources vorlegte, war natürlich Zufall. Aber es gibt einen Zusammenhang: Obama will, dass in den USA bis 2030 etwa 28 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Der Kohlendioxidausstoß der Kraftwerke soll, verglichen mit 2005, um 32 Prozent sinken. Damit müsste eine Vielzahl von Kohlekraftwerken schließen.

Aber die Kohleindustrie will nicht kleinbeigeben. Die größte US-Bergbaugesellschaft Murray Energy aus Ohio will gegen Obamas Energieplan vor einem Bundesgericht klagen. Firmenchef Robert Murray nannte den Plan illegal, weil das Weiße Haus den Bundesstaaten deren Energiepolitik nicht vorschreiben dürfe.

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