Linke: Landesverrats-Affäre noch nicht beendet

Ministerium wusste früh von drohenden Ermittlungen / Verfahren gegen Journalisten eingestellt / Gegen Unbekannt wird wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses weiter ermittelt

  • Lesedauer: 5 Min.

Update 19.55 Uhr: Riexinger: Landesverrats-Affäre noch nicht beendet
Die Ermittlungen gegen Journalisten wegen Verdachts auf Landesverrat sind eingestellt - die Affäre ist aus Sicht des Linkenvorsitzenden Bernd Riexinger aber noch nicht erledigt. »Hier gibt es noch genug zu klären«, sagte er am Montag in Berlin. Das Motto »Ende gut, alles gut« gelte nicht für den Chef des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen, nicht für Justizminister Heiko Maas (SPD) und auch nicht für Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Die Einstellung des Verfahrens sei der einzige mögliche Schluss aus den Erkenntnissen und Protesten der vergangenen Wochen, sagte Riexinger. Das dürfe aber nicht das Ende der Aufklärung sein. Er forderte unter anderem, Journalisten vom Straftatbestand des Landesverrats auszunehmen. Auch müssten Whistleblower - also Hinweisgeber - besser geschützt werden. Gegen Blogger von Netzpolitik.org wurde ermittelt, weil sie vertrauliche Dokumente des Verfassungsschutzes veröffentlicht hatten. Darin ging es um Pläne zur stärkeren Überwachung des Internets. Kritiker werteten die Ermittlungen als Angriff auf die Pressefreiheit. Generalbundesanwalt Harald Range musste seinen Posten nach einem Zerwürfnis mit Justizminister Maas räumen.

Update 15.15 Uhr: Innenministerium wusste früh von Bedrohungen für Blogger
Wie der Tagesspiegel berichtet, wusste das Bundesinnenministerium schon frühzeitig, dass den Journalisten durch eine geplante Strafanzeige des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) Ermittlungen drohen könnten. Ein Ministeriumssprecher bestätigte gegenüber dem »Tagesspiegel«, dass das Haus schon vor Erstattung der Anzeige wusste, dass es Hinweise auf den Geheimnisverrat im BfV überhaupt erst »durch Medienveröffentlichungen« gegeben habe. Ob bei der Besprechung explizit über die Veröffentlichung der Dokumente durch netzpolitik.org gesprochen wurde oder es nur um den Geheimnisverrat durch Medien im allgemeinen ging, wollte der Sprecher dem Blatt nicht bestätigen. Bisher hatte das Ministerium behauptet, der Text der Anzeige hätte erst nach Erstattung der Anzeige vorgelegt.

Update 14.30 Journalistenverbände fordern Aufklärung
Nach Einstellung der Ermittlungen gegen netzpolitik.org haben Journalistenorganisationen eine Aufklärung der Affäre gefordert. Ein solcher Fall dürfe sich nicht wiederholen, erklärte »Reporter ohne Grenzen«. Die Deutsche Journalisten-Union (DJU) in Verdi verlangte »eine grundlegende Aufklärung der Vorgänge«. Zur Stärkung der Pressefreiheit sei aber ein politischer Kurswechsel notwendig. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) erklärte, die Vorschriften zum Landesverrat müssten überarbeitet und Journalisten von der Strafverfolgung ausgenommen werden. Der Generalbundesanwalt und das Bundesjustizministerium hatten erklärt, dass es sich bei den von den Bloggern im Internet veröffentlichten Dokumenten des Verfassungsschutzes nicht um ein Staatsgeheimnis handelt.

Update 11.33 Uhr netzpolitik.org fordert Akteneinsicht
Wie kam es zu den Ermittlungen gegen netzpolitik.org? Was wusste das Justizministerium zu welcher Zeit? Welche Daten liegen dem Verfassungsschutz zu der Arbeit des Blogs vor? Auch nach dem Ende der Ermittlungen gegen die Journalisten von netzpolitik.org haben diese noch offene Fragen. Schon seit Tagen fordern die Blogger daher Einsicht in die Akten der ermittelnden Behörde. Bislang ohne Erfolg.

Ermittlungen eingestellt

Karlsruhe. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen gegen das Blog netzpolitik.org wegen Landesverrats eingestellt. Sowohl er als auch das Justizministerium gehen davon aus, dass es sich bei Inhalten nicht um ein Staatsgeheimnis im Sinne des Strafgesetzbuches handele, teilte der Generalbundesanwalt am Montag mit. Der Tatverdacht gegen bislang unbekannte Verdächtige wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses bleibe davon aber unberührt. Das Verfahren werde daher an die zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben.

Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft richteten sich gegen zwei Blogger und ihre Informanten. Angezeigt hatte die Blogger der Präsident des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen. In der Affäre musste der frühere Generalbundesanwalt Harald Range seinen Posten räumen.

In einer Mitteilung am Montagmorgen ließ er verlautbaren: »Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen wegen des Verdachts der strafbaren öffentlichen Bekanntgabe eines Staatsgeheimnisses nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Er geht mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz davon aus, dass es sich bei den veröffentlichten Inhalten nicht um ein Staatsgeheimnis im Sinne des § 93 StGB handelt. Im Übrigen sieht der Generalbundesanwalt die Voraussetzungen der subjektiven Tatseite nicht als gegeben an. Der Tatverdacht gegen bislang unbekannte Berufsgeheimnisträger wegen der Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353 b StGB) bleibt hiervon unberührt. Das Verfahren wird insoweit an die hierfür örtlich zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben werden.« Agenturen/nd

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