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Die großen Fehler der Energiewende

Die Krise der Stromkonzerne ist hausgemacht - sollte uns aber dennoch nicht kalt lassen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Genossenschaft oder Großkonzern? Der Streit um die Zukunft der insolventen Windenergiefirma Prokon macht weitere Unsicherheiten in der Energiewende deutlich, wie aktuelle Bücher zeigen.

Das Übernahmeangebot des Energiekonzerns EnBW für Prokon stieß selbst unter linken Ökonomen wie Heinz-J. Bontrup auf Sympathie. Wenn einer der großen vier Stromkonzerne wirklich ernst mache mit der Energiewende, müsse man dies unterstützen, »und nicht immer gegen das Schienbein treten«, argumentiert der Energieexperte und Sprecher der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Die EnBW sei seit dem Rückkauf der französischen Anteile durch Baden-Württemberg ein quasi kommunales, jedenfalls Staatsunternehmen. Der neue Vorstand um Frank Mastiaux habe »die Zeichen der Zeit erkannt« - und verfüge im Unterschied zu einer Genossenschaft über die nötige Kapitalstärke, um die Windenergie voranzutreiben. Allein für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren an Land und auf See hat Mastiaux in den kommenden Jahren 3,5 Milliarden Euro vorgesehen. Weitere drei Milliarden sollen in den Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze fließen. Erneuerbare Energien und Netzgeschäft sollen im Jahr 2020 nahezu 90 Prozent zum Gewinn beitragen.

Seit der Reaktorkatastrophe in Fukushima erregt die Energiewende in Deutschland die Gemüter. Ihre zentralen Kennzeichen sind der endgültige Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 und der forcierte Ausbau erneuerbarer Energien. Zu ihrem Dreh- und Angelpunkt ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geworden. »Bisher sind bereits beträchtliche Kosten entstanden und damit die Frage, wer diese trägt«, schreiben Bontrup und sein Kollege an der Westfälischen Hochschule Ralf-M. Marquardt in zwei Neuerscheinungen. Daraus sei ein gesellschaftlicher Verteilungskampf entbrannt.

Den Verteilungskampf führen auch die »Big-4«, die großen Energiekonzerne RWE, E.on, die schwedische Vattenfall und EnBW. Sie hatten sich den deutschen Markt lange in Gebietsmonopole komfortabel aufgeteilt. Doch die Energiewende hat ihr altes Geschäftsmodell endgültig kaputt gemacht.

Die vier »Versorger« produzieren Strom, fördern Gas, liefern beides und rechnen auch ab. Dieses alte vertikale wie horizontale Oligopol bröckelte infolge der Liberalisierung der Märkte durch die Politik seit 1998, lange vor Fukushima. Heute verfällt der Preis für konventionellen Strom aus fossilen Brennstoffen wie Kohle. Dazu kommen die Altlasten der AKW, an denen die Big-4 lange prächtig verdient hatten. Deren Rücklagen betragen jedoch lediglich 38 Milliarden Euro - viel zu wenig für den Abriss und die Endlagerung. Zudem macht die politisch gewollte Reduzierung der Kohlendioxidemissionen aus der Braunkohle wohl ein Auslaufmodell. Betroffen davon sind vor allem RWE und Vattenfall. Sie müssen ab 2018 weitere 1,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Auch das kostet Milliarden Euro, die letztlich die Stromkunden - private Haushalte wie Industrie - zahlen werden.

Die Krise der Energieunternehmen halten die Autoren durchaus für volkswirtschaftlich heikel. Hunderttausende Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt an den Großen Vier. Für viele Kommunen, die vor allem an RWE beteiligt waren und sind, waren sie jahrzehntelang eine verlässliche Einnahmequelle. Aber die Krise sei auch »selbstverschuldet«: Die Konzerne hätten die Energiewende »voll verschlafen«. E.on und Konsorten seien bei Erzeugung und Vertrieb allzu lange und zu intensiv dem falschen Weg gefolgt. Wer politisch oder wirtschaftlich über die Energiewende Bescheid wissen will, kommt an Bontrup und Marquardt nicht vorbei.

Heinz-J. Bontrup, Ralf-M. Marquardt: Die Zukunft der großen Energieversorger, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2015, 292 Seiten, 29,00 Euro.

Heinz-J. Bontrup, Ralf-M. Marquardt: Die Energiewende - Verteilungskonflikte, Kosten und Folgen, Papyrossa Verlag, Köln 2015, 185 Seiten, 18,00 Euro.

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