Kuba feiert doppelt
Ein Tag nach dem Geburtstag von Fidel Castro wird die US-amerikanische Botschaft eröffnet
Es war ein historischer Moment am Freitagmorgen in Havanna: Mit einer feierlichen Zeremonie im Beisein von US-Außenminister John Kerry ist das Sternenbanner auf dem Gelände der USA-Botschaft gehisst worden, das 54 Jahre nicht mehr als Botschaft fungierte. In seiner Ansprache unterstrich Kerry, der als erster US-Außenminister seit 70 Jahren Kuba besucht - er selbst war bereits im Jahr 2000 als damaliger Senator von Massachusetts und Präsidentschaftskandidat in Havanna gewesen -, den historischen Moment. Auf Spanisch erklärte er: »Die Vereinigten Staaten begrüßen diesen Neuanfang ihrer Beziehung mit den Menschen und der Regierung von Kuba. Wir wissen, dass der Weg zu einer vollständigen Normalisierung der Beziehungen lang ist, deshalb müssen wir damit sofort beginnen.«
Kerry erinnerte an die konfliktreiche Geschichte der Beziehungen beider Länder seit der Revolution und die Veränderungen in der Welt seitdem, unter anderem den Fall der Berliner Mauer und die Wiedervereinigung Deutschlands. Jahrzehntelange gute Absichten zum Trotz habe die Politik der Vergangenheit nicht zu »einem demokratischen Übergang« in Kuba geführt. »Schließlich ist es an den Kubanern selbst, die Zukunft Kubas zu gestalten. Die Verantwortung für die Natur und die Qualität der Regierungsführung - und Rechenschaftspflicht für sie - ruht, wie es sein sollte, nicht bei äußeren Mächten; sondern nur bei den Bürgern dieses Landes«, so Kerry. Die USA werden aber weiter auf die Einhaltung der Menschenrechte und demokratischer Prinzipien drängen.
Inoffiziell hatte die US-Botschaft bereits am 20. Juli ihre Arbeit aufgenommen; die Flaggenzeremonie ist daher vor allem von symbolischer Bedeutung. Bildträchtig markiert sie das Ende des Kalten Krieges in der Karibik und den Beginn der nun anstehenden Arbeit hin zu einer vollständigen Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba. Im Morgengrauen hatten Arbeiter den Schriftzug: »Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika« an der Fassade der bisherigen US-Interessenvertretung angebracht, die unter der Schirmherrschaft der Schweiz stand.
Die Wohnhäuser rund um die US-Botschaft waren mit kubanischen Flaggen geschmückt. Seit den frühen Morgenstunden hatten sich Hunderte Anwohner und Schaulustige am Malecón, unweit der weiträumig abgesperrten US-Botschaft versammelt, um der Zeremonie aus der Ferne beizuwohnen. In den offiziellen kubanischen Medien dagegen wurde die Botschaftseröffnung vorab eher am Rande behandelt. Die Parteizeitung »Granma« widmete ihre morgendliche Titelseite dem 89. Geburtstag von Revolutionsführer Fidel Castro vom Vortag, zu dem die Präsidenten Venezuelas und Boliviens, Nicolás Maduro und Evo Morales, angereist waren. Der Kerry-Besuch wurde kurz gehalten. Castro selbst hatte an seinem Geburtstag in einem offenen Brief, der in den Staatsmedien verbreitet wurde, die US-Außenpolitik kritisiert und die Errungenschaften der kubanischen Revolution betont. Einen Tag vor der Zeremonie forderte Castro die USA zu Reparationszahlungen für die Schäden der Blockadepolitik gegenüber Kuba auf; zudem erinnerte er an die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki. Kommentar Seite 2
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.