Pfeif ab den Mist!
Stephan Fischer findet, dass Nazis kein ganzes Spiel sehen sollten
Die eigene Mannschaft hoffnungslos zurück und die Wahrscheinlichkeit des Lotto-Sechsers höher als der Anschlusstreffer: »Pfeif ab den Mist!«, wird dann gern von Fans in Richtung Schiedsrichter geseufzt. Dazu ein Abwinken, denn vor Abpfiff gehen geht ja nicht. Aber muss wirklich jedes Spiel 90 Minuten dauern? Manche sollten auch nach einer Viertelstunde abgepfiffen werden - wie die Partie Leverkusens bei Lazio Rom in den Champions-League-Playoffs. Im Römer Olympiastadion hatte Schiedsrichter Jonas Eriksson Affengeräusche aus dem Lazio-Fanblock als das interpretiert, was sie waren: rassistische Beleidigungen. Sie waren nur dann zu vernehmen, wenn Bayers dunkelhäutige Spieler Jonathan Tah, Karim Bellarabi oder Wendell am Ball waren. Eriksson drohte, die Partie abzubrechen. Nachdem der Stadionsprecher Lazios Fans aufforderte, Beleidigungen zu unterlassen, ließ der Schwede weiterspielen - bis zum Ende.
Der europäische Fußballverband UEFA setzt sein Engagement gegen Rassismus oft in Szene: auf Werbebanden oder in Fernsehspots. Konsequent wäre, die Rassisten endlich anders als mit wohlfeilen Slogans spüren zu lassen, dass ihr widerliches Verhalten unerwünscht ist. Mannschaften haben das bereits vorgemacht - sie gingen nach rassistischen Beleidigungen vom Platz, weil sie nicht vor und für so ein Publikum spielen wollen. Der UEFA-Schiedrichter hätte ein Zeichen setzen sollen, hat aber darauf schon verzichtet. So kann Lazios Sportdirektor Igli Tare weiterhin krude Thesen absondern wie am Dienstagabend: »Unsere Fans haben uuuh geschrien. Buuuh ist rassistisch, aber uuuh ist, wenn man einem Gegner Angst machen möchte.« Ach so ist das. Diese Fans sind also gar keine Rassisten, sie sind nur Gespenster unterm Kinderbett? Schiris, pfeift bei so einem Mist endlich ab!
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