Quotenfrau?
»Wir freuen uns sehr, dass Birgit Bohle ihre außerordentlich erfolgreiche Arbeit als Vertriebschefin nun für eines unserer wichtigsten und imageträchtigsten Geschäftsfelder fortsetzen wird«, kommentierte Rüdiger Grube, Vorstandschef der Deutschen Bahn AG, am Dienstag die neuesten personellen Veränderungen im staatseigenen Unternehmen. Zur Freude hat Grube vermutlich allen Grund, denn Bohle, die am 1. September neue Chefin der Fernverkehrssparte der Bahn wird, könnte gleich mehrere Probleme des Konzerns lösen.
Zunächst einmal wird sie die Frauenquote im DB-Vorstand wieder anheben - seit der Verkleinerung von acht auf sechs Personen sitzen nur noch Männer im Gremium. Technikchefin Heike Hangarth hatte bei der Umstrukturierung ihren Hut nehmen müssen. Eine unangenehme Situation für ein Staatsunternehmen, besonders wegen des erklärten Ziels der schwarz-roten Regierung, den Frauenanteil in den Chefetagen der Konzerne zu erhöhen.
Doch täte Bohle unrecht, wer sie als Quotenfrau diskreditierte. Die 41-Jährige arbeitet bereits seit 2007 im Vertrieb der Deutschen Bahn, seit 2011 leitete sie die Sparte. Die gebürtige Rheinland-Pfälzerin studierte nach ihrer Ausbildung bei BASF an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz und an der University of Texas in Austin. Anschließend arbeitete sie bei der Bertelsmann AG im Bereich Unternehmensentwicklung und bei der Unternehmensberatung McKinsey & Company.
Bei der Bahn kommen auf Bohle, die die Nachfolge von Berthold Huber antritt, schwere Aufgaben zu. Die Fernverkehrssparte hat große Probleme. Die ICE- und IC-Flotte kommt nicht aus den Negativschlagzeilen: wetteranfällige Technik, Unpünktlichkeit, mangelnde Kundeninformation. Auch die wachsende Konkurrenz durch Fernbusunternehmen schadet den Geschäftszahlen. Im ersten Halbjahr 2015 verzeichnete die Sparte ein Minus von fast 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ob Bohle das ändern kann, bleibt abzuwarten. Vielleicht fällt das nächste Lob etwas weniger enthusiastisch aus.
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