Schule in Kaulsdorf muss schließen

Gebäude vom Hausschwamm befallen / 350 Schülerinnen und Schüler müssen umziehen

Das neue Schuljahr hat mit der Schulschließung in Kaulsdorf seinen ersten negativen Höhepunkt schon erreicht. Die Bildungsgewerkschaft prognostiziert weiteres Chaos in der Personalplanung.

Das Schuljahr hat kaum angefangen und schon muss die erste Schule aufgrund maroder Statik schließen. Am Dienstag hatte ein externer Sachverständiger nach Auswertung älterer Gutachten festgestellt, dass das Gebäude der Franz-Carl-Achard-Grundschule in Kaulsdorf nicht mehr genutzt werden darf, weil die Gebäudesicherheit das nicht hergebe. Schulamtsleiter Steffen Färber war am Mittwochmorgen in der Schule, die ab Donnerstag geschlossen wird, um mitzuteilen, dass die 350 Schülerinnen und Schüler künftig in einem gerade sanierten Teil der Marcana-Gemeinschaftsschule in Marzahn-Nord unterrichtet werden. Die Jugendlichen der Gemeinschaftsschule müssen in ihrem alten Gebäude bleiben.

Grund für die Schulschließung ist ein Hausschwamm, der sich in der dritten Etage der Schule ausgebreitet hatte, weswegen bereits am Montag ein Teil des Gebäudes gesperrt wurde. Der Schwamm war bereits 2013 in der Turnhalle entdeckt worden. Es seien Sicherungsmaßnahmen getroffen worden. Bei dem Schwamm handelt es sich um einen Holzpilz, der Balken und Dächer befallen und vollständig zersetzen kann. Ein abschließendes Statikgutachten ist erst Mitte Oktober zu erwarten. Eigentlich seien nur drei Räume in der Schule betroffen, sagt Bezirksamtssprecher Frank Petersen.

Schulamtsleiter Färber habe aber aufgrund der »nicht vollkommen zu gewährleistenden Sicherheit« im Gebäude entschieden, das komplette Haus zu schließen. Die Schüler sollen ab sofort mit Shuttlebussen zum neuen, zehn Kilometer entfernten, Standort gebracht werden. Die 30 neuen Erstklässler werden zunächst in den Horträumen auf dem Gelände der Achard-Schule unterrichtet. Ob auch sie in die Marcana-Schule umziehen, steht noch nicht fest.

»Es stellt sich die Frage, warum erst ein externer Sachverständiger kommen musste und bisher niemand im Bezirksamt in der Lage war, die Gutachten richtig zu lesen«, kritisiert die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bezirksparlament, Sarah Fingarow. Außerdem sei ein Gutachten bereits mehrere Jahre alt. Seit Juni diskutiere der Bildungsausschuss des Bezirksparlaments bereits über Statikprobleme in der Schule. Die Schließung der Einrichtung soll an diesem Donnerstag auch Thema im Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses sein.

Neben den maroden Schulen der Stadt sind der Platzmangel und die Personalnot durch die steigenden Schülerzahlen - über 5000 in diesem Schuljahr zusätzlich - ein Dauerthema. Am Dienstag teilte die Landesabteilung der Bildungsgewerkschaft GEW mit, dass die noch in der letzten Woche vom Senat verkündete 100-prozentige Personalausstattung nur rechnerisch funktioniere. Die Gewerkschaft hat in einer internen Umfrage herausgefunden, dass an den 58 Schulen, die teilgenommen hatten, im Durchschnitt eine komplette Lehrerstelle fehle. Insgesamt würden über 1500 Unterrichtsstunden somit vertreten oder anders organisiert. Besonders eklatant sei der Mangel an Personal im Grundschulbereich. Gunilla Neukirchen, Schulleiterin an der Beethoven-Schule in Lankwitz und Vorsitzende der SchulleiterInnen in der GEW, rechnet vor: In diesem Jahr verlassen etwa 150 Absolventen im Bereich Lehramt Grundschule die Berliner Hochschulen, 2016 seien es gerade mal 80 und ab 2017 jährlich 120. Dem gegenüber steht ein Personalbedarf von 1206 Lehrkräften in diesem Schuljahr und 924 im nächsten. Die Zahlen gehen auf eine Antwort des Senats auf eine schriftliche Anfrage der Grünen im Abgeordnetenhaus zurück. »Wir laufen auf eine chronische Unterausstattung zu«, sagt Neukirchen. Eine gerechte Bezahlung gegenüber den übrigen Kollegen wäre ein erster Schritt, das Studium attraktiver zu machen, so die GEW.

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