Feuer gegen Miteinander

Brandlegung in Rockensußra

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Am Wochenende war Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) stolz auf »seine« Thüringer. Über Nacht hatten sich in Saalfeld Hunderte Freiwillige gefunden, um Flüchtlingen ein Willkommen zu bereitet. Dabei galt die Region als Hochburg von Rechtsextremisten. Saalfeld könne nun ein Beispiel für Anstand und Solidarität sein, hoffte die rot-rot-grüne Landesregierung und bat alle Bürger: Schaut euch bitte um, wir brauchen Hilfe, vor allem mehr Unterkünfte, in denen die aus ihrer Heimat Vertriebenen Obdach finden.

So gefordert fühlt sich der Kyffhäuserkreis. Monat für Monat kommen auch hier Flüchtlinge an, über 600 warten auf eine Asylzusage. In der vergangenen Woche hielten außerplanmäßig zwei voll besetzte Busse, für den Wochenbeginn waren 88 Hilfesuchende angekündigt. Für die stehen Wohnungen bereit, doch die Anzahl der verfügbaren Unterkünfte schmilzt dahin. Daher hat Landrätin Antje Hochwind (SPD) für den Montagabend die Bürgermeister aller Orte zur Krisensitzung eingeladen. Wie bisher will man die Lage miteinander meistern.

Was offenbar Brandstifter auf den Plan rief. Um 3.30 Uhr wurden Feuerwehren alarmiert und nach Rockensußra geschickt. Die Dachstühle von drei zweigeschossigen Wohnblocks standen in Flammen. In der Straße, die zum Sportplatz führt, stehen insgesamt acht solcher Gebäude. In vier leben bereits rund 90 Asylbewerber. Schon jetzt kommt so jeder vierte Bewohner des Ortes aus entfernten Regionen. Dennoch lebten sie und die eingesessenen Bürger des Ortes einträchtig zusammen, betont Heinz-Ulrich Thiele vom Landratsamt. Dort war man noch bis zum Sonntagabend optimistisch, weitere 50, vielleicht 60 Schutzsuchende in Rockensußra unterbringen zu können, denn: Der Winter naht, die Menschen brauchen sichere Quartiere.

Am Montagabend sollte alles im Landratsamt besprochen werden. Brandstifter - daran hat eine Polizei-Sonderkommission keinen Zweifel - kamen dem zuvor. Nun wird auf absehbare Zeit niemand in die drei Blocks einziehen können. Die gegenüber wohnenden Flüchtlinge sind verängstigt. Aber, so sagt Innenminister Holger Poppenhäger (SPD), der gemeinsam mit seinem Chef Ramelow am Tatort war: »Es gibt gute Chancen, die Täter zu fassen.«

Während die Feuerleger heimlich unterwegs sind, mobilisieren ideologischen Brandstifter inzwischen wieder stärker zu Aufmärschen gegen die Solidarität mit Flüchtlingen. »Besorgte Bürger« der »Sügida« hatten am Montagabend das Suhler Flüchtlingslager im Visier, in Schleusingen lag eine Demo-Anmeldung vor, in Berlin machten »Bärgida« und NPD mobil. Bereits am Sonntag hatten Hunderte Rechtsextreme in Dortmund und Wismar gepöbelt.

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