Der Cava-Aufstand
Winzer im Nordosten Spaniens produzieren Bio-Schaumwein abseits der großen Hersteller
»DO Cava« ist eine Erfolgsgeschichte. Es ist eine Herkunftsbezeichnung (Denominacion de Origen Cava), die gleichzeitig für Qualität bürgen soll, ähnlich den französischen (AOC) und italienischen (DOCG) Weinprädikaten. Unter ihr gelangte der Cava zu Weltruhm, vergleichbar dem Prosecco, dem Crémant oder dem Champagner. Doch anders als Letzterer hat der Cava mittlerweile ein echtes Imageproblem.
»In katalanischen Supermärkten kann man inzwischen eine Flasche Cava für 99 Cent bekommen«, erklärt Josep Albet i Noya. »Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich bei der Kundschaft, auch der internationalen, das Image des Cava als Ramschware verfestigt.« Von 99 Cent pro Flasche können zudem die vielen kleinen Weinhandlungen der Region nicht existieren. »Uns blieb keine Wahl, wir mussten etwas unternehmen«, sagt Albet.
Der Besitzer des Weingutes Albet i Noya machte zusammen mit seinem Bruder Antoni den Familienbesitz zur ersten Kellerei Kataloniens, die nur Biowein herstellt. Er ist auch Präsident des Weinbauverbandes des Penedès, einer Region im südwestlichen Hinterland Barcelonas. Das Kontrollgremium des »DO Cava«, sagt Albet, werde dominiert von den großen Produzenten, allen voran Freixenet und Codorníu, die für weit über 90 Prozent der über 200 Millionen pro Jahr verkauften Cavaflaschen verantwortlich sind. Dieses Gremium, so der Vorwurf, sorge dafür, dass die Kriterien des Gütesiegels nicht ganz so streng formuliert werden, um die große Nachfrage nach spanischem Sekt weiter bedienen zu können.
Für die meisten Winzer des Penedès ist der Preisverfall beim Cava ein ernstes Problem. Sie liefern ihre Trauben zur Weiterverarbeitung an die großen Kellereien und geraten dadurch in Abhängigkeit, erklärt der 58-Jährige. Viele nehmen sich nun Albet i Noya zum Vorbild. 62 Prozent der Kellereien werden schon gemäß ökologischer Kriterien betrieben.
Als erste Amtshandlung in seiner Funktion als Verbandspräsident beschloss Albet vor vier Jahren gemeinsam mit einer Handvoll anderer Winzer, ihre Schaumweine nicht weiter unter dem Banner des »DO Cava« zu verkaufen, sondern unter dem des »DO Penedès«, unter dem bis dato nur Wein vermarktet wurde.
15 Weinhandlungen haben sich der Revolte angeschlossen. »In ein bis zwei Jahren hoffen wir, bis zu 30 Bodegas auf unserer Seite zu haben«, gibt sich Albet zuversichtlich. Auf einen Markennamen für ihren Schaumwein haben sie sich schon geeinigt: »Classic Penedès« soll der neue Bio-Cava der Region heißen.
Von einem Aufstand will Pedro Bonet, der Präsident des Kontrollgremiums der »DO Cava«, dagegen nichts wissen. Nur eine Handvoll Bodegas sei ausgetreten; bei 244 Cava-Herstellern in der Region könne man kaum von Revolution reden. Auf mögliche Gründe angesprochen, verweist er auf individuelle Entscheidungen. Viele Bodegas hätten Probleme mit den Qualitätskriterien, die man bei der »DO Cava« verlange, behauptet Bonet, der nicht nur den Kontrollrat der Cava-Prädikatvergabe leitet, sondern gleichzeitig auch im Aufsichtsrat der Freixenet-Gruppe sitzt.
Im vergangenen Jahr konnten die Winzer des »DO Penedès« 600 000 Flaschen »Classic Penedès« absetzen, davon allein etwa 175 000 aus der Bodega Albet i Noya. Das nimmt sich im Vergleich zu den jährlich über 200 Millionen Flaschen der »DO Cava« noch sehr bescheiden aus.
Deutschland ist der wichtigste Absatzmarkt für Cava außerhalb Spaniens, über 30 Millionen Flaschen wurden im Jahr 2014 hierzulande verkauft. Immerhin 63 000 Flaschen »Classic Penedès« waren dabei - da ist noch viel Luft nach oben.
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