Koalition will autonomes Fahren anschieben
Verkehrsminister stellt Strategie vor: Rechtliche Voraussetzungen ändern und technische Infrastruktur schaffen / Umfrage: Bundesbürger blicken noch skeptisch auf vernetzte und autonome Mobilität
Berlin. Mit Investitionen in den Ausbau digitaler Infrastruktur dun rechtlichen Reformen will die Bundesregierung die Entwicklung selbstfahrender und vernetzter Autos beschleunigen. Jedenfalls hat das Bundeskabinett am Mittwoch ein entsprechendes Strategiepapier aus dem Haus von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) beschlossen. Unter dem Titel »Strategie automatisiertes und vernetztes Fahren« werden darin »fünf Handlungsfelder« definiert, auf denen die Regierung »vielfältige Maßnahmen« vorhat.
Wie die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf einen Entwurf dazu berichtet, will die Koalition unter anderem die rechtlichen Rahmenbedingungen »überprüfen und, wo nötig, an die neuen Entwicklungen anpassen«. Ziel sei es, dass dem Fahrer »keine zusätzlichen Haftungsrisiken aufgebürdet werden«. Es werde »ein Rechtsrahmen geschaffen, in dem künftig ein automatisiertes und vernetztes Fahrzeug selbstständig Fahraufgaben übernehmen kann, ohne dass der Fahrer das System permanent überwachen muss«, heißt es beim Ministerium.
Weiteres Ziel sei »der flächendeckende Ausbau eines leistungsstarken mobilen Breitbandnetzes«, das »eine Echtzeit-Vernetzung der Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur ermöglichen« soll. Mit Blick auf Datenschutz-Fragen und andere Risiken heißt es im Dobrindt-Ressort, man wolle gemeinsam mit der Industrie und der Wissenschaft IT-Sicherheitsstandards für Fahrzeuge entwickele, unter anderem »um Hackerangriffe zu verhindern«. Auch müssten die Fahrer automatisierter und vernetzter Fahrzeuge »über die Erhebung und Verwertung von Daten informiert werden – und ihre Einwilligung geben. Die Daten gehören dem Nutzer«. Entsprechende Standards sollen in weltweit verbindliche Regelungen überführt werden, so das Ziel.
Laut einer aktuellen Umfrage für die »Wirtschaftswoche« ist die Sorge vor Datenmissbrauch allerdings bei den Autonutzern sehr groß. 77 Prozent gaben gegenüber TNS Infratest und A.T. Kearney an, einen Datenaustausch zwischen Fahrzeugen und Verkehrszentralen oder Versicherungsgesellschaften abzulehnen. Auch bei den unter 30-Jährigen war die Skepsis mit 65 Prozent noch sehr groß. »Allerdings ist das Angebot derartiger Dienste auch noch gering, das Wissen um die Möglichkeiten noch nichts sonderlich ausgeprägt«, heißt es in dem Magazin.
Zurückhaltend sehen die Bundesbürger allerdings auch in die Zukunft des autonomen Fahrens. Zwar haben 80 Prozent bereits von den Möglichkeiten selbstfahrender oder teilautonomer Fahrzeuge gehört. »Doch nur 23 Prozent sehen die Entwicklung positiv. Bei Großstädtern und den 30-Jährigen ist die Vorfreude auf die Zukunftstechnologie mit je 26 Prozent nur geringfügig höher«, heißt es in der »Wirtschaftswoche«.
International ausgerichtet ist das Vorhaben des Bundesverkehrsministeriums, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit für selbstfahrende Autos von 10 auf 130 Stundenkilometer angehoben wird. Dafür solle sich Berlin gegenüber anderen Ländern stark machen. Beim automatisierten Fahren übernimmt in zunehmendem Maße das Auto die Führung, der Fahrer wird mehr und mehr zum Passagier. Das soll Unfälle und Staus vermeiden helfen. Innovationen werden demnächst »im Realbetrieb« in Bayern erprobt, wo das Ministerium »gemeinsam mit der Automobilindustrie und der Digitalwirtschaft das 'Digitale Testfeld Autobahn' auf der A9 in Bayern« errichtet. Dobrindt will seine Strategie am Nachmittag auf der Automesse IAA in Frankfurt vorstellen – auch den Ministerkollegen aus den G7-Staaten. Agenturen/nd
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