Osten holt auf - bei Gewerbemieten
Immobilienstudie belegt stark steigende Investitionen in Großstädten
Ostdeutsche Regionen auch außerhalb Berlins ziehen immer mehr Investoren an. Dort verlief das Wachstum bei den gewerblichen Immobilien noch rasanter als in der Hauptstadt - der Investitionsumsatz verdoppelte sich seit 2007 auf rund drei Milliarden Euro. In Magdeburg stiegen die Anlagen in Läden, Büros und Fabrikgebäude allein im vergangenen Jahr um 81 Prozent auf 156 Millionen Euro. Dies geht aus dem Bericht »Immobilienmärkte Berlin und Ostdeutschland« hervor, den das Immobilienunternehmen TLG am Donnerstag vorstellte.
»Die ostdeutschen Städte ziehen nicht nur mehr Investoren, sondern auch zunehmend mehr Touristen an«, ergänzt Niclas Karoff, Sprecher des auf Ostdeutschland spezialisierten Unternehmens, das aus der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft hervorgegangen ist. Den stärksten Anstieg verzeichnete zwischen 2007 und 2014 Dresden, auch wenn es in diesem Jahr wegen der rassistischen Übergriffe einen leichten Rückgang gab. Auch die touristische Attraktivität anderer Städte wie Leipzig, Magdeburg und Rostock hat seit 2007 zugenommen. »Der kräftige Anstieg der Hotelkennzahlen beeinflusst den Markt für Hotelinvestitionen positiv«, so die TLG. In Ostdeutschland seien zurzeit abertausende Hotelzimmer im Bau oder in der Planung.
Besonders gut bei Neuinvestitionen schneidet in der Studie auch Leipzig ab. Dort wurde im vergangenen Jahr mit 516 Millionen Euro doppelt so viel in den Gewerbeimmobilienmarkt gepumpt. Davon entfiel der Großteil auf Einzelhandel (37 Prozent) und Büros (27 Prozent). Matthias Eisel von der Friedrich-Ebert-Stiftung bestätigt den positiven Trend: »Es ist toll, wie sich die Stadt entwickelt hat.« Das schlage sich auch in der großen Zufriedenheit der Bürger nieder, wie Umfragen belegten.
Die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand seit 1990. Nicht trotz, sondern wegen des Zuzugs im fünfstelligen Bereich. Das wirtschaftliche Wachstum in der Stadt ziehe Menschen an, davon ist man bei TLG überzeugt. »Alle Metropolen im Osten haben eine positive Entwicklung bei den Einwohnerzahlen«, so TLG-Sprecher Karoff. Das ziehe dann neue Geschäfte und Unternehmen an, beflügele den Immobilienmarkt, schaffe Jobs und Nachfrage und führe so zu weiterem »Zustrom« an Menschen.
Einen generellen Ost-Trend kann Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes, darin allerdings nicht erkennen: »In der Breite steigt die Nachfrage nicht.« Die Zuzüge reichten aktuell nicht aus, um die Wegzüge auszugleichen. »Die These, der Osten boomt und die Leute ziehen da wie verrückt hin, ist - gelinde gesagt - völliger Quatsch.«
Laut TLG sind es zunehmend auch internationale Investoren, die ihr Geld in Betongold anlegen und die Metropolen Rostock, Erfurt, Dresden und Leipzig, Berlin und Potsdam, die »Speckgürtel« der Großstädte sowie die Verkehrsknotenpunkte bevorzugen. Investitionswachstum sei zudem in traditionsreichen Industriestandorten wie Jena festzustellen.
Wo es aufwärts geht mit der Nachfrage, gibt es neue Probleme: Die Preise steigen. In Potsdam sind die Büromieten mittlerweile so hoch wie in keiner anderen ostdeutschen Großstadt. Auch Dresden und Leipzig weisen steigende Mieten auf. Die Höchsten sind mit 130 Euro je Quadratmeter im Segment der »kleineren Einzelhandelsflächen« bis 100 m² im Leipziger Geschäftskern anzutreffen.
Doch selbst in den Metropolen gewinnen nicht alle Standorte: Investiert wird in Zentren und sogenannte Nebenkernlagen. Anderswo sinken Nachfrage und Preise sogar, wie der Gewerberaum-Mietspiegel der Industrie- und Handelskammer Leipzig zeigt: Bei der Gentrifizierung hat der Osten vollends Anschluss an den Westen gefunden.
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