Beschäftigte protestieren gegen Werkverträge in der Autoindustrie
Zehntausende Beteiligte bei bundesweitem Aktionstag / Allein bei BMW in München 4000 Menschen auf der Straße
Sindelfingen. Die IG Metall will beim Thema Werkverträge den Druck auf den Gesetzgeber erhöhen, um Missbrauch vorzubeugen. Die Gewerkschaft habe nichts gegen Flexibilität, Werkverträge oder Leiharbeit an sich, sagte der Vorsitzende Detlef Wetzel am Donnerstag bei einer Kundgebung bei Porsche in Leipzig. »Wir wenden uns aber entschieden gegen Beliebigkeit, Willkür und die Mitnahme von Extraprofiten zu Lasten der Beschäftigten (...). Wir sagen: Schluss mit billig!«. An einem bundesweiten Aktionstag bei den Autobauern beteiligten sich mehrere zehntausend Beschäftigte. Kritik an den Protesten kam von den Arbeitgebern.
Bei BMW in München gingen 4000 Personen auf die Straße. In Stuttgart und Sindelfingen waren es 9000 Mitarbeiter. Gewerkschaftsvize Jörg Hofmann monierte in Sindelfingen die Auslagerung von Tätigkeiten scharf. Es sei eine Legende, dass es bei Werk- und Dienstleistungsverträgen immer um eine sinnvolle Arbeitsteilung zwischen dem Hersteller von Fahrzeugen und spezialisierten Firmen gehe, sagte er vor den Daimler-Beschäftigten.
So würden in der Autobranche über 150 000 Arbeitsplätze im Bereich der Industrielogistik, der Entwicklungsdienstleistung und Industrieservice ausgelagert und fremdvergeben. Die Leidtragenden seien die betroffenen Mitarbeiter, weil sie oftmals weniger Lohn, Urlaub und eine schlechtere Altersversorgung erhielten als Tarifbeschäftigte. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer wehrte sich gegen den Vorwurf des Missbrauchs. Werkverträge seien ein bewährtes und erfolgreiches Instrument. »Die Digitalisierung der Arbeitswelt beschleunigt Arbeitsteilung und Spezialisierung der Wirtschaft, was in Zukunft nicht weniger, sondern mehr Werkverträge erforderlich macht, um Wachstum und Arbeitsplätze auf Dauer zu sichern.«
Der Chef der Unternehmenslobby Gesamtmetal, Oliver Zander, warf der Gewerkschaft vor, mit den Aktionen nur neue Mitglieder werben zu wollen. Dass das wieder einmal geschürte Angstszenario nicht stimmen könne, zeige schon eine einfache Tatsache: Die Zahl der gut bezahlten Stammarbeitsplätze wachse seit Jahren, in der Metall- und Elektroindustrie um 360 000 Arbeitsplätze seit der Krise. Daimler verwies bei dem Thema auf eine entsprechende Sozialcharta.
Porsche war von den Protesten in Stuttgart nicht betroffen - das liegt auch daran, dass im Stammwerk Zuffenhausen nach Firmenangaben gar keine Leiharbeiter und Werkverträgler mehr beschäftigt sind. Im Leipziger Werk setzt die VW-Tochter hingegen weiter auf solche Arbeiter. »Die Werk- und Dienstverträge sind ein wichtiges Element zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit«, sagte ein Porsche-Sprecher. dpa/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.