Das Anti-Assad-Dogma wackelt

Roland Etzel zur Syrien-Bemerkung von Angela Merkel

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

»Es muss mit vielen Akteuren gesprochen werden, auch mit Assad.« Was die Bundeskanzlerin zur Suche nach einem Ausweg aus dem Syrienkrieg in ihrer Regierungserklärung sagte, ist für sie neu, es ist aber richtig, weil es vernünftig ist: Soll ein Verhandlungsprozess zum Erfolg führen, bedarf es der Teilnahme aller maßgeblich involvierten Parteien.

Die Erkenntnis kommt spät. Und sie hätte wohl weiter auf sich warten lassen ohne die exorbitant gewachsene Zahl syrischer Kriegsflüchtlinge, die in Deutschland ankommen. Mit einer unmittelbar bevorstehenden Niederlage Assads ist aber nicht zu rechnen, auch nachdem Russland zu verstehen gegeben hat, dass es zu seinem Verbündeten steht und sich nicht so einfach vom nahöstlichen Schachbrett schieben lässt wie in Libyen. Und außerdem: Ein Zusammenbruch der Assad-Herrschaft und der dann zu erwartende Rachefeldzug der Sieger könnten den Exodus aus Syrien noch deutlich vergrößern.

Alle Syrien-Konferenzen scheiterten bisher an dem Dogma: Assad muss vorher weg. Will Berlin nun wirklich ein anderes Herangehen, dürfte es allerdings auf Granit beißen. Für andere mittelbar Kriegsbeteiligte wie Frankreich, die Türkei und die USA ist nicht zuerst Friedensschluss, sondern Regime-Wechsel in Damaskus, warum auch immer, ein Kernpunkt ihrer Geostrategie in der Region. Koste es, was es wolle. Den Preis zahlten ja andere.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.