Aggressiv zur Jubelfeier

Gewalt und Drohungen bei Anti-Asyl-Märschen in Dresden und Erfurt

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Vor dem 25. Jubiläum der Einheit hat niemand die Absicht, »Schutzzäune« zu errichten - zumindest nicht Horst Seehofer. Derweil rückt die Asylrechtsverschärfung schnell näher.

Zuletzt dominierten freundliche Bilder in der Flüchtlingskrise. Doch nun zeigt sich zunehmend das andere Gesicht Deutschlands. CSU-Kronprinz Markus Söder denkt kurz vor dem 25. Einheitsjubiläum über »Schutzzäune« an den Grenzen nach - während Ministerpräsident Horst Seehofer sagt: »Schutzzäune wird es mit Bayern nicht geben.«

Zugleich kommt es im Umfeld von Anti-Asyl-Protesten verstärkt zu Aggressionen und handfester Gewalt. Etwa am Mittwochabend in Erfurt. Rund um einen Aufmarsch der AfD mit mindestens 3500 Teilnehmern und etwa 500 Gegendemonstranten spielten sich laut Augenzeugen regelrechte Jagdszenen ab. Wie schon bei dem Marsch in der vergangenen Woche sollen Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, beispielsweise der Hitlergruß, gezeigt worden sein. Die kirchliche Opferberatung »ezra« sprach von »brutalen Angriffen« - unter anderem auf ein Kind. Sandro Witt, Vizevorsitzender des DGB in Hessen und Thüringen, berichtete von einem Angriff auf ihn und Umstehende, bei dem mindestens zwei Menschen von »rechten Jägern« verletzt worden seien. Ein Reporter der »Thüringer Landeszeitung« wurde von Rechten bedroht. Der Thüringer Regierungssprecher Alexander Fischer schreibt auf seinem privaten Twitter-Kanal, nach der Demo hätten Schläger am Landtag mehrere Jugendliche »überfallen« und verletzt.

Angesichts dessen wurde am Donnerstag in Erfurt die Landtagssitzung auf rot-rot-grünen Antrag unterbrochen. Der Ältestenrat verurteilte die Gewaltausbrüche und forderte eine Distanzierung von der AfD, so die Grünenpolitikerin Astrid Rothe-Beinlich auf Twitter. Die Polizei wusste nur von »kleineren verbalen Störungen« gegenüber der Gegenkundgebung zu berichten. Die AfD bedankte sich »bei allen Teilnehmern« für das »machtvolle und friedliche Zeichen«, so eine Erklärung vom Donnerstag. Man wolle weitere Märsche veranstalten.

Gleichfalls am Mittwochabend wurden in Dresden bei einer Kundgebung gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Übigau offenbar drei Journalisten von rund 20 aufgebrachten Demonstranten bedroht. Daraufhin, so Michael Konken vom Deutschen Journalistenverband (DJV), habe die Polizei die Bedrohten von der Kundgebung weggeführt, anstatt die aggressiven Demonstranten abzudrängen.

»Dass es in Sachsen offenbar einen rechtsradikalen Mob gibt, ist schlimm genug. Dass die Polizei ihn gegenüber Journalisten gewähren lässt, ist bemerkenswert«, so Konken. Auch diesen Vorfall bestätigte die Polizei nicht. Bereits am Montag war es aber am Rande einer Pegida-Kundgebung zu ähnlichen Vorfällen gekommen. Angeblich denkt das ZDF inzwischen darüber nach, seine Reporter nur noch mit Personenschützern zu derartigen Aufmärschen zu schicken.

Im Bundestag wurde derweil die geplante Asylrechtsverschärfung debattiert. Unter anderem soll die Liste der »Sicheren Herkunftsländer« aufgestockt werden. Beschlossen wurde eine Beteiligung am Militäreinsatz gegen »Schlepper« im Mittelmeer. Von »Pro Asyl« und »Amnesty« gab es scharfe Kritik an diesen Vorhaben.

Am Samstag könnte wieder Thüringen in den Blick rücken. In Jena ist ein Aufmarsch angekündigt, zu dem die offen extreme Szene mobilisiert. Seiten 2 und 7

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