Austeritätsfreunde loben Coelhos Wahlsieg

Konservative in Portugal vorn / Aber Sozialisten, Kommunisten, Grüne und Linksblock mit 121 von 230 Mandaten / Konservatives Regierungsbündnis von Ministerpräsident Coelho gewinnt die Wahl nach Stimmen / Schwierige Regierungsbildung erwartet

  • Lesedauer: 4 Min.

Update 17.45 Uhr: Austeritätsfreunde loben Coelhos Wahlsieg
Das Wahl-Ergebnis in Portugal ist von den Befürwortern einer Austeritätspolitik in Europa begrüßt worden. »Die Regierung, die harte Maßnahmen ergriff, hat die Wahlen gut gemeistert«, sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am Montag in Luxemburg mit Blick auf den Wahlsieg des konservativen Parteienbündnisses von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho. Der Wahlausgang sei für die Mitte-Rechts-Regierung ein großer Erfolg, hieß es auch seitens Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Der CDU-Politiker wies alledings auf die komplizierten Mehrheitsverhältnisse hin. »Die Regierungsbildung wird nicht einfach sein.«

Im Gegensatz zu Griechenland und Spanien hat es in Portugal bislang keine Protestbewegung gegen die Krisenpolitik gegeben, die stark genug war, die etablierten Parteien herauszufordern. Der Linke Block erreichte bei der Wahl mit 10,2 Prozent sein bestes Ergebnis seit der Gründung im Jahr 1999. Damit überholt er erstmals die kommunistische Partei, die auf 8,3 Prozent kam, damit aber ihr bestes Ergebnis seit 15 Jahren einfuhr. Die drei linken Oppositionsparteien gewannen zusammen jedoch mehr als die Hälfte aller Sitze in der Lissabonner »Assembleia da República«.

Doch die sozialdemokratische Partido Socialista, die knapp 32,4 Prozent erreichte, scheint sich nicht auf ein Anti-Austeritätsbündnis einlassen zu wollen. Parteichef António Costa räumte seine Niederlage ein, will aber den Parteivorsitz behalten. Er erklärte, seine Partei werde sich nicht an einer »Blockademehrheit« beteiligen, wenn seine eigene Partei »nicht in der Lage« sei, »eine glaubhafte Regierungsalternative« darzustellen. Nachdem Costa im Wahlkampf für eine Lockerung der umstrittenen Kürzungsauflagen geworben hatte, sicherte er nach seiner Niederlage aber nun doch wieder zu, die Bedingungen der Gläubiger nicht in Frage zu stellen. Coelho würde eine punktuelle Unterstützung durch die PS ausreichen – deren Chef Costa erklärte bereits, er wolle das Land nicht unregierbar machen.

Die Arbeitslosenquote beträgt in Portugal zwölf Prozent, nachdem sie Anfang 2013 noch bei 17,5 Prozent gelegen hatte. Allerdings ist der zaghafte Aufschwung bei vielen Menschen noch nicht angekommen. Einer von fünf Portugiesen lebt weiter unterhalb der Armutsgrenze mit einem Einkommen von weniger als 5000 Euro im Jahr.

Portugal: Linke Parteien gewinnen Mehrheit

Berlin. In Portugal hat das konservative Regierungsbündnis »Portugal à Frente« (PàF/Portugal voran) von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho zwar die Wahl gewonnen – die drei linken Oppositionsparteien gewannen zusammen jedoch mehr als die Hälfte aller Sitze in der Lissabonner »Assembleia da República«.

Nach einem Ergebnis von gut 50 Prozent der Stimmen im Jahr 2011 mussten sich die Konservativen diesmal mit 38,8 Prozent begnügen. Nach Auszählung von knapp 100 Prozent der Stimmen kamen die Sozialisten nur auf 32,4 Prozent. Der Linksblock (BE) lag bei 10,2 Prozent, die CDU, ein Bündnis aus Kommunisten und Grünen, bei 8,3. Die Wahlbeteiligung erreicht den Angaben zufolge nur 57 Prozent.

Portugal à Frente: 36,8 Prozent – 1.979.132 Stimmen
Partido Socialista: 32,4 Prozent – 1.740.300 Stimmen
Bloco de Esquerda: 10,2 Prozent – 549.153 Stimmen
Coligação Democrática Unitária: 8,3 Prozent – 444.319 Stimmen

Der Spitzenkandidat der Sozialisten (PS), António Costa, sagte, die Wähler hätten sich für einen Regierungswechsel ausgesprochen. Sowohl die PS als auch die beiden anderen Linksparteien, die den Einzug ins Parlament schafften, erklärten, eine konservative Regierung nicht mitzutragen und auch den von Passos als »oberste Priorität« bezeichneten Kürzungshaushalt für 2016 nicht abzusegnen.

Nach der Vergabe von 226 der insgesamt 230 Parlamentssitze bekam PàF in der Nacht zum Montag nur 104 (2011: 132). Die drei linken Parteien brachten es unterdessen zusammen auf 121. Zur Möglichkeit einer linken Regierungskoalition sagten die Oppositionsparteien vorerst allerdings nichts Konkretes.

Passos bezeichnete seine Allianz dagegen als »Siegerin« und kündigte in Lissabon unter dem Jubel von Parteifreunden und Anhängern den Versuch einer Regierungsbildung an: »Wir werden dem Präsidenten der Republik sagen, dass wir zum Regieren bereit stehen.« Es wäre komisch, fügte er an, wenn der Wahlsieger »nicht regieren dürfte«. Das Kürzungsprogramm will er 2016 zwar fortsetzen, Passos gab aber auch bekannt, dass er die Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst graduell zurücknehmen wolle.

Nach übereinstimmender Einschätzung von Medienbeobachtern steht Portugal vor einer schwierigen Regierungsbildung. Es sei davon auszugehen, dass das Staatsoberhaupt Anibal Cavaco Silva zunächst die stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragen werde.

Die Tierschutzpartei PAN wird erstmals in der Geschichte einen Abgeordneten stellen. Die restlichen vier Parlamentssitze werden später, eventuell erst in den nächsten Tagen nach Auszählung der Stimmen der im Ausland lebenden Portugiesen vergeben, wie die Wahlbehörde CNE mitteilte. Die Wahlbeteiligung habe mit 56,93 Prozent auf einem historischen Tiefstand gelegen.

Die Wahl galt auch als Abstimmung über den harten und umstrittenen Kürzungskurs von Passos. Der 51-jährige gelernte Ökonom war im Land wegen der starken Kürzungen und Steuererhöhungen und einer »zunehmenden Verarmung der Bevölkerung« (Costa) scharf kritisiert worden. Im Wahlkampf hatte Passos seinerseits hingegen vor »Chaos« im Falle einer linken Regierung gewarnt.

Portugal war 2011 von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) mit 78 Milliarden Euro gestützt worden. Nach drei Jahren unter dem EU-Rettungsschirm steht das Land seit Mai 2014 finanziell wieder auf eigenen Beinen. 2014 wurde nach drei Rezessionsjahren in Serie ein Wachstum von 0,9 Prozent erreicht. Agenturen/nd

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