US-Regierung »tief enttäuscht« über Safe-Harbor-Urteil

Nach EuGH-Entscheidung müssen transatlantische Konzerne Datentransfers neu ordnen / Ex-Justizministerin: Safe Harbor seit Jahren eine Schimäre

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US-Wirtschaftsministerin Penny Pritzker äußerte sich nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs über das EU-US-Datentransferabkommen »tief enttäuscht«. Datenschützer hingegen begrüßen das Urteil.

Update 12.25 Uhr: Ex-Justizministerin sieht jetzt Politik in der Pflicht
Nach dem gekippten Safe-Harbor-Abkommen sieht die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vor allem die Politik in der Pflicht, neue Standards bei Datentransfers festzulegen. Sie dürfe die Verantwortung nicht gegenüber den Unternehmen oder den Nutzern abwälzen, sagte sie im Deutschlandfunk. Nur auf ein Einverständnis der Nutzer zu setzen, treffe den Kern des Problems nicht: Ein Einverständnis, Daten dann so wie bisher in den USA weiterzuverarbeiten, und »damit dem Zugriff der NSA zu öffnen«, könne gar nicht wirksam erklärt werden. »Ich sage es mal ganz zugespitzt: In Folter kann ich als Nutzer auch nicht einwilligen.«

Sie sprach sich für einen sofortigen IT-Gipfel aus, bei dem sich die Politik mit Unternehmen verständigen und zu einer neuen europäischen Datenschutzverordnung kommen könnte. Dabei sieht sie besonders Günther Oettinger (CDU), den EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, in der Pflicht. Der Politik sei mit dem Urteil auch noch mal »ein Armutszeugnis« ausgestellt worden: »Natürlich weiß man seit Jahren, dass Safe Harbor eine Schimäre ist.«

US-Regierung »tief enttäuscht« über Safe-Harbor-Urteil

Luxemburg. Die US-Regierung zeigte sich »tief enttäuscht« über das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Datentransfer in die USA. Die Entscheidung sorge für »bedeutende Unsicherheiten« für Unternehmen und gefährde die »florierende transatlantische digitale Wirtschaft«, erklärte Wirtschaftsministerin Penny Pritzker in Washington.

Die bisherige Regelung zum Transfer von Daten europäischer Bürger in die USA ist hinfällig. Der EuGH stellte am Dienstag fest, dass die Safe-Harbor-Entscheidung ungültig ist. Dabei ließ er offen, ob die Datenschutz-Zusagen der USA ausreichen. Jedenfalls seien nur Unternehmen daran gebunden - die müssten aber Daten herausgeben, wenn US-Behörden nationale Interessen geltend machen. »Die Safe-Harbor-Regelung ermöglicht daher Eingriffe der amerikanischen Behörden in die Grundrechte«, betonten die Richter. Nun muss die irische Datenschutzbeauftragte die Übermittlung europäischer Facebook-Daten auf Server in den USA überprüfen und kann dies gegebenenfalls verbieten.

EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans sagte in Straßburg, Unternehmen könnten bis zum Abschluss der Gespräche mit den USA über eine Neuregelung weiter europäische Nutzerdaten in den USA speichern. Die Transfers müssten auf Grundlage »anderer Mechanismen« im europäischen Datenschutzrecht erfolgen.

Anlass des Luxemburger Urteils war eine Beschwerde des Österreichers Maximilian Schrems beim damaligen irischen Datenschutzbeauftragten. Schrems hatte verlangt, die Übermittlung seiner Facebook-Daten durch die europäische Facebook-Zentrale in Dublin auf US-Server zu unterbinden. Nach den Enthüllungen Edward Snowdens sei davon auszugehen, dass die Daten dort nicht ausreichend geschützt sind und dem Zugriff etwa des US-Geheimdienstes NSA unterliegen. Agenturen/nd

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