Aufarbeitung mit Hindernissen
Ministerpräsident Weil: Ermittlungen im VW-Skandal dauern Monate / Britischer Volkswagen-Chef entschuldigt sich für Betrug / Hollywood verfilmt Abgasmanipulation
Hannover. VW hätte die millionenfache Manipulation der Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen nach Ansicht von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) viel früher eingestehen müssen. »Im Herbst vergangenen Jahres stellten Wissenschaftler erstmals Abweichungen in den Schadstoffkonzentrationen zwischen Labortests und Straßentests bei VW-Dieselfahrzeugen in den Vereinigten Staaten fest«, sagte Weil am Dienstag im Landtag in Hannover. Anschließend habe es mehr als ein Jahr lang Gespräche zwischen den US-Behörden und Volkswagen USA gegeben, bis VW die Manipulation eingeräumt habe. Weil: »Dieses Eingeständnis hätte klar und deutlich sehr viel früher erfolgen müssen - ein weiterer schwerer Fehler.« Wann dieses Vorgehen entschieden worden sei und wer es entschieden habe, sei Teil der derzeit laufenden internen Ermittlung der Krise.
Weil ist sich der wirtschaftlichen Bedeutung von VW für das Land Niedersachsen bewusst. »Wenn VW hustet, hat Niedersachsen Grippe« - so fasst ein Spruch das Verhältnis von Volkswagen und seinem Heimatbundesland zusammen. Jeder fünfte Job im Konzern ist in Niedersachsen beheimatet. Von den rund 600 000 Konzernbeschäftigten arbeiten gut 120 000 zwischen Harz und Küste.
»In Niedersachsen wissen wir genau, was wir an Volkswagen haben«, betonte Weil jüngst in einem Schreiben an die Mitarbeiter. Der Konzern ist der mit Abstand größte Arbeitgeber in Niedersachsen, er betreibt Werke in Wolfsburg, Braunschweig, Salzgitter, Hannover, Osnabrück und Emden. Dazu kommt noch die indirekte Beschäftigung bei Zulieferern wie Continental.
Nach einer Studie der NordLB machte die Wertschöpfung von Volkswagen zuletzt (2013) mehr als zwei Drittel der gesamten Wertschöpfung der 50 größten Unternehmen in Niedersachsen aus. Der Umsatzanteil des VW-Konzerns an den 100 umsatzstärksten Unternehmen: 52 Prozent.
Britische VW-Chef entschuldigt sich
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Nachdem er erfahren habe, welche Modelle betroffen seien, habe er deren Verkauf umgehend gestoppt, sagte Willis. Allerdings seien noch mehr als 1000 Autos verkauft worden, nachdem bereits klar gewesen sei, dass auch Europa betroffen ist. Ohne Angaben zu den Modellen habe er zunächst nicht handeln können, verteidigte der Manager sich vor den Abgeordneten. Bei etwa 400 000 Fahrzeuge müsse die Dieseleinspritzung geändert werden, bei den anderen zwei Dritteln genüge ein Eingriff in die Software. Das Testverfahren für den Abgasausstoß bezeichnete Willis als »altmodisch und unzweckmäßig«, jedoch bestehe kein Zweifel daran, dass Volkswagen mit der Situation falsch umgegangen sei.
Abgasskandal kommt ins Kino
Auch die Kulturindustrie hat den Skandal inzwischen für sich entdeckt. Hollywoodstar Leonardo DiCaprio (40) und das Studio Paramount Pictures wollen einen Film über die Volkswagen-Abgasaffäre drehen. Wie die Branchenportale »Variety« und »Deadline.com« am Montag berichteten, ist DiCaprio mit seiner Firma Appian Way als Produzent an Bord. Paramount hatte sich die Filmrechte an dem geplanten Buch von Jack Ewing über den Skandal um die Manipulationen bei Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen des Autobauers gesichert. Über einen möglichen Regisseur und die Rollenbesetzung wurde zunächst nichts bekannt.
Neben seiner Schauspielerei hat sich DiCaprio als engagierter Umweltschützer und als Filmproduzent einen Namen gemacht. Er brachte unter anderem den Oscar-nominierten Film »Virunga« über die Gefährdung der Berggorillas in Afrika auf die Leinwand. Zuletzt trat er für das Westerndrama »The Revenant« vor die Kamera. Der Film unter der Regie des Mexikaners Alejandro González Iñárritu (»Birdman«, »Biutiful«) läuft im Januar in den deutschen Kinos an. Agenturen/nd
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