Scharfschützen gegen Ärzte

Bericht über Menschenrechtsverletzungen durch türkisches Militär in Kurdengebieten

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 3 Min.
Angesichts schwerer Menschenrechtsverstöße fordern Ärzte, die Türkei nicht als sicheres Herkunftsland einzustufen.

››In der Flüchtlingsfrage steht fest: die Türkei ist kein sicheres Herkunftsland. Kanzlerin Merkel darf in Ankara keinen Deal mit Erdogan schließen‹‹, so Angelika Claußen, Vorsitzende der europäischen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). Auf einer Pressekonferenz anlässlich der Rückkehr einer internationalen Friedensdelegation in die kurdischen Gebiete der Türkei sprach Claußen von massiven Einschüchterungsversuchen durch das türkische Militär gegen Krankenhauspersonal und behandelnde Ärzte.

Vertreter der Türkischen Ärztekammer hatten ihr berichtet, wie Sicherheits- und Spezialeinsatzkräfte, darunter sogar Scharfschützen, in gepanzerten Wagen Notaufnahmen besetzten. Ärzte und Krankenschwestern wurden noch während medizinischer Eingriffe kontrolliert. Menschen mit Schussverletzungen kämmen gar nicht erst in Krankenhäuser. Sie hätten Angst, als ››Terroristen‹‹ verhaftet zu werden. Claußen zeigte sich angesichts der Verletzungen des Menschenrechts auf medizinische Versorgung »zutiefst erschüttert‹‹.

Im Vorfeld der türkischen Parlamentswahlen am 1. November hatte eine 15-köpfige Delegation von Politikern, Journalisten, Ärzten, Menschenrechtlern und Gewerkschaftern aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden Anfang Oktober die Städte Diyarbarkir, Cizre, Nusaybin, Silvan und Mardin besucht. Sie waren der Einladung des Friedensblocks der Türkei, einem Bündnis aus zahlreichen Zivilorganisationen sowie bekannten Persönlichkeiten aus Kultur und Politik, gefolgt.

Die türkische Regierung hat ganze Städte und Regionen im Südosten der Türkei zu «Sicherheitszonen» erklärt und wiederholt totale Ausgangssperren verhängt, die wie in Cizre bis zu einer Woche andauern können.

Auch Inge Höger (LINKE), Abrüstungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, zeigte sich angesichts ihrer Reiseendrücke entsetzt. Sie sprach von schweren Menschenrechtsverstößen und beschuldigt die türkische Regierungspartei AKP, den ››Kampf gegen den Terror des Islamischen Staates zu nutzen, um die PKK und die kurdische Bevölkerung zu bekämpfen«. Von der Bundesregierung fordert sie ein sofortiges Ende aller Rüstungsexporte in die Türkei, eine Beendigung der Zusammenarbeit von Polizei, Militär und Geheimdiensten und die Aufhebung des PKK- Verbotes in Deutschland und der EU.

Düzgün Altun, Vorstandsmitglied der Förderation Demokratischer Arbeitervereine, sprach auf der Pressekonferenz über den Anschlag in Ankara. Dieser zeige, dass das Problem Menschenrechte nicht nur auf die Kurdengebiete beschränkt sei, so Altun. ››Der Anschlag war ein Angriff auf den Frieden und die Friedensbewegung insgesamt, nicht nur auf die Kurden.‹‹ Altun sieht bei der geschockten türkischen Bevölkerung, die Bereitschaft, gemeinsam mit Kurden für den Frieden einzustehen: ››Der Anschlag in Ankara hat in der Bevölkerung das Bewusstsein wiedererweckt, sich aktiv für Frieden und Demokratie einzusetzen. Auch weil viele registrieren, dass die Regierung es nicht tut!‹‹

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.