Ausspähen unter Freunden? Geht doch!

Opposition sieht Bundestag in BND-Affäre hintergangen / LINKE: Geheimdienst hat NSA-Ausschuss drei Jahre lang belogen / Grüne: Abgeordnete erst nach Medienanfrage informiert

  • Lesedauer: 2 Min.
Der BND soll auch US-Politiker immer wieder ausgehorcht haben. Die Bundeskanzlerin hält an ihrem definitiven Nein zum »Ausspähen unter Freunden« fest. Wurde das Parlament systematisch hinters Licht geführt?

Berlin. In der Affäre um die Datenspionage des Bundesnachrichtendienstes (BND) wirft die Opposition dem BND und der Regierung jahrelange Täuschung vor. Die SPD forderte einen radikalen Umbau des Auslandsgeheimdienstes. Der BND soll bis 2013 auch befreundete Staaten und regelmäßig auch US-Spitzenpolitiker ausgehorcht haben.

In Hunderten Fällen seien amerikanische Außen- und Verteidigungsminister oder Senatoren abgehört worden, wenn sie etwa auf Reisen über nichtverschlüsselte Telefonleitungen kommunizierten, berichtete die »Süddeutsche Zeitung« (SZ/Freitag) unter Berufung auf Aussagen früherer BND-Mitarbeiter.

Über die Löschung problematischer Suchkriterien wie Telefonnummern oder Mailadressen für die Datenspionage im Herbst 2013 sei auch das Kanzleramt detailliert unterrichtet gewesen, so die SZ. Die Obfrau der Linken im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags, Martina Renner, zeigte sich am Freitag empört: »Wie kann es eigentlich sein, dass der Geheimdienst das Parlament über Jahre belügt?« Der Ausschuss will die Datenspionage der Geheimdienste aufklären, wobei bisher die Zusammenarbeit des US-Dienstes NSA und des BND im Fokus stand.

Grünen-Obmann Konstantin von Notz kritisierte, die Regierung habe die Geheimdienstkontrolleure des Bundestags nun nur deshalb über die BND-Spionage informiert, weil eine Medienanfrage dazu eingegangen sei. Die SZ berichtete, sie habe die Regierung gemeinsam mit NDR und WDR am 18. September mit den Ergebnissen einer Recherche zur BND-Spionage konfrontiert.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte der »Stuttgarter Zeitung«: »Der BND muss offensichtlich von Grund auf reformiert werden.« Von Notz brachte in der »Mitteldeutschen Zeitung« eine Ablösung von BND-Präsident Gerhard Schindler ins Spiel.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, das Bundeskanzleramt stehe mit dem BND zu den Vorgängen in intensivem Kontakt. »Es hat ihn angewiesen, den sehr komplexen Vorgang vollständig aufzuklären.« Zur Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vom Oktober 2013 zur NSA-Datenspionage (»Ausspähen unter Freunden - das geht gar nicht«) sagte Seibert: »Das Diktum der Kanzlerin gilt.« dpa/nd

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