Gutes Klima - von Bonn bis Paris
Letzte Vorbereitungsrunde für neuen Weltklimavertrag beginnt am Montag
Prozedurale Diskussionen sind für internationale Verhandlungen oft das Gleiche wie der erste Schnee für den Straßenverkehr. Wie gut die Klimaverhandlungen vorankommen zeigt sich an diesem Montag. Dann treffen sich in Bonn die Klimaunterhändler. Es ist die letzte Vorbereitungsrunde für die internationale Klimakonferenz in Paris, auf der Mitte Dezember ein neuer Weltklimavertrag verabschiedet werden soll.
Bislang lag eine 80-seitige Ideensammlung vor, die aus EU-Sicht zum Verhandeln »nicht geeignet« war. Das hat sich geändert: Vorletzte Woche präsentierten die Co-Vorsitzenden der Klimaverhandlungen einen Vertragsentwurf mit noch 20 Seiten. »Das ist ein guter Vorschlag als Ausgangsbasis«, sagt Franz Perrez der Leiter der Schweizer Delegation. »Das wichtigste ist, dass alle Länder den Vorschlag als Verhandlungsgrundlage akzeptieren.«
Insbesondere Indien hat Mühe mit dem neuen Text. Der indische Umweltminister Prakash Javadekar sagte er sei »enttäuscht«. Aber auch die EU hat noch Bedenken. EU-Klimakommissar Miguel Arias Canete sagte der Entwurf sei »unausgewogen« und »zu wenig ehrgeizig«. Sollte ein Land sich weigern den Text als Verhandlungsgrundlage zu akzeptieren, ist mit langwierigen prozeduralen Diskussionen zu rechnen.
Als Erfolg gelten derweil die nationalen Klimapläne. 149 Länder, die knapp 90 Prozent der weltweiten Emissionen ausmachen, haben beim UN-Klimasekretariat eine Selbstverpflichtung zum Klimaschutz hinterlegt. Werden diese Pläne umgesetzt, steigt die Temperatur bis zum Jahr 2100 »nur« um 2,7 Grad statt um 3,6 Grad, wie die Forschungsinstitute hinter dem Carbon Action Tracker ausgerechnet haben. Unter anderem mit einem Langfristziel soll die Klimaerwärmung auf zwei Grad begrenzt werden. Die nationalen Klimaziele beziehen sich meist auf das Jahr 2025 oder 2030. Im Langfristziel könnte aber »die vollständige Dekabonisierung der Weltwirtschaft bis zum Ende des Jahrhunderts« oder »ein Wechsel zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien« festgeschrieben werden. Diese beiden Formulierungen stammen von einem Treffen, zu dem UN-Chef Ban Ki-moon 30 Regierungschefs eingeladen hatte.
Fortschritte gab es auch bei der Klimafinanzierung. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD hat nachgezählt, wie viel Klimageld im Jahr 2014 in die Entwicklungsländer geflossen ist. Das Ergebnis: 61,8 Milliarden Dollar inklusive 16,7 Milliarden aus privaten Quellen. Simon Buckle von der OECD warnt aber, dies sei keine »perfekte Schätzung«. Beim Herbsttreffen von Währungsfonds und Weltbank in Lima haben zudem einige Entwicklungsbanken angekündigt ihre Investitionen in den Klimaschutz zu erhöhen. Tim Gore von der Entwicklungsorganisation Oxfam schätzt, dass dadurch der Betrag an Klimageld für die Entwicklungsländer auf über 75 Milliarden Dollar steigt. Damit nähert er sich den 100 Milliarden Dollar, die die Industriestaaten den Entwicklungsländern im Jahr 2009 versprochen haben. Zudem will China zum ersten Mal Klimageld bereit stellen. Bei seinem Staatsbesuch in Washington hat Chinas Präsident Xi Jinping 3,1 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. Für Athena Ballesteros von der Umweltorganisation World Resources Institute ist dies ein »Wendepunkt, der China in eine neue Rolle in der Weltgemeinschaft befördert«.
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