»Deutsch als Muttersprache« diskriminierend?
Stellenausschreibung
Das urteilte das Landesarbeitsgericht Hessen (Az. 16 Sa 1619/14) nach einer Information der telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH).
Der Fall: Ein Unternehmen suchte eine Büroaushilfe. In der Stellenbeschreibung verlangte die Firma Deutsch als Muttersprache für den Posten. Ein in der Ukraine geborener Mann bewarb sich daraufhin, gab aber in seiner Bewerbung Deutsch als Fremdsprache an, da seine Muttersprache Russisch ist. Der Mann bekam die Stelle nicht, da die Firma bei einem nicht muttersprachlichen Deutschen fehlende Sprachfertigkeit vermutete.
Dies empfand der Bewerber als diskriminierend und fragte nach einer anderen gleichwertigen Stelle in dem Betrieb. Als die Firma dies ablehnte, ging der Mann vor Gericht und verlangte eine Entschädigung.
Das Urteil: Das Landesarbeitsgericht Hessen gab ihm Recht: Die Ablehnung wegen seiner Muttersprache war diskriminierend. Die Anforderung benachteilige jeden, der nicht schon in der frühen Kindheit und nicht ohne Unterricht Deutsch gelernt hat. Objektiv gesehen sei der Mann genauso geeignet gewesen wie seine Mitbewerber, die später die Stelle erhielten. Der Betrieb sei hier in der Verantwortung.
»Es ist die Aufgabe des Unternehmens, eine Stellenausschreibung so zu formulieren, dass niemand diskriminiert wird«, erklärt Rechtsanwalt Frank Böckhaus. Fremdsprachler könnten schließlich genauso gut über die erforderlichen Sprachkenntnisse verfügen wie Muttersprachler. Der Mann habe in seiner Bewerbung unter Beweis gestellt, dass er über exzellente Deutschkenntnisse verfügt. Das Gericht sprach ihm eine Entschädigung von 3200 Euro zu. D-AH/nd
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