Der Stürmer

Zu Akif Pirinçcis Rede bei Pegida am Montag in Dresden

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.
Bei dem, was der 1959 in Istanbul geborene Akif Pirinçci am Montagabend in Dresden von sich gab, blieb selbst einigen Pegida-Anhängern das hämische Lachen im Hals stecken. Wer aber bei der Rede »Keine Hetze!« ruft und wieder bei Pegida mitläuft, muss sich vorwerfen lassen, nur wohlfeilere Worte und Begründungen für eigenen Hass zu suchen.

Die Formulierung »grün-linksversiffte Gutmenschen« ist im Deutschland des Jahres 2015 mittlerweile traurige Normalität - diese Verächtlichmachung gehört wie »Volksverräter« oder »Lügenpresse« zum Standardrepertoire bei Pegida-Demonstrationen. Bejubelt von Tausenden. Aber bei dem, was der 1959 in Istanbul geborene Akif Pirinçci am Montagabend in Dresden von sich gab, blieb selbst einigen Pegida-Anhängern das hämische Lachen im Hals stecken, vereinzelt gab es sogar »Keine Hetze!«-Rufe. Da hatte sich Pirinçci bereits in einen Rausch geredet, wie er seit den Reden des damaligen Nürnberger NS-Gauleiters Julius Streicher in aller Öffentlichkeit und vor so großem Publikum nach 1945 nicht mehr zu hören war: Die Grünen »eine Kinderfickerpartei«, Moslems? »Pumpen Ungläubige mit ihrem Moslemsaft voll.« Die Bundesrepublik? »Ein Scheißstaat« und bald eine »Moslemmüllhalde«. Flüchtlinge? »Invasoren«. Und »die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb«.

Was ist da passiert mit dem Autor, der früher mit den Felidae-Krimis über Katzen Erfolge feierte? Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt und sein Verlag Random House kündigte seine Verträge. Überraschend kam Pirinçcis Rede aber nicht - wiederholte er doch nur, was er in immer extremer werdenen Blogeinträgen und Büchern in den letzten Jahren äußerte. Die Rede war also beileibe kein Ausbruch, bei dem sich vor allem sadistische und sexuelle Gewalt- und Angstfantasien vor einem angeblichen Genozid am deutschen Volk Bahn brachen.

Die Pegida-Organisatoren um Bachmann und Festerling wussten, wen sie da als »Stargast« einluden. Für jeden Fremdenfeind etwas dabei - von vulgär bis religiös apokalyptisch. Wer im Dritten Reich als angeblicher Kulturbürger über den Vulgärantisemitismus des »Stürmers« die Nase rümpfte, fand in scheinintellektuellen Zeitschriften wie »Das Reich« andere Begründungen für die gleichen Verbrechen. Wer bei Pirinçcis Rede »Keine Hetze!« ruft und wieder bei Pegida mitläuft, muss sich vorwerfen lassen, nur wohlfeilere Worte und Begründungen für eigenen Hass zu suchen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.