Plötzlich auch noch Brandschutz
Der Umbau des Erfurter Steigerwald-Stadions wird um viele Millionen Euro teurer als geplant
Der ziemlich naheliegende Vergleich mit dem Berliner Flughafen BER wäre derzeit sicher ein bisschen unfair. Noch jedenfalls. Denn die Mehrkosten, die nun für den Umbau des Erfurter Steigerwald-Stadions zu einer Multifunktionsarena drohen, bewegen sich anders als beim BER »nur« im Millionenbereich. Dort geht es seit Jahren nur noch um Milliardenbeträge, die zusätzlich gebraucht werden - allerdings auch regelmäßig wegen des Brandschutzes. Dennoch ist das, was nun in Sachen Mehrkosten für das Prestige-Projekt der Thüringer Hauptstadt bekannt geworden ist, gefährlich. Für das Projekt ebenso wie für Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein.
Für den SPD-Politiker ist die Angelegenheit vor allem deshalb brisant, weil er im Sommer noch unwirsch, fast schon genervt reagiert hatte, als er - freilich mit Verweis auf den BER - gefragt worden war, wie hoch denn das Risiko sei, dass beträchtliche Mehrkosten für die Modernisierung des Steigerwald-Stadions anfallen würden. Man solle doch bitte nicht schon wieder dramatisieren, hatte Bausewein damals gesagt, als er über den Baufortschritt berichtete. Unschön für ihn, dass nun klar ist, dass hinter solchen Fragen keine Überdramatisierung, sondern eine ziemlich nüchterne Sicht auf nahezu alle größeren, öffentlichen Bauvorhaben in Deutschland steht.
In Zahlen ausgedrückt ist nämlich klar: Die Sanierung des Stadions wird wohl wahrscheinlich mindestens 5,7 Millionen Euro mehr kosten als geplant. Ein Sprecher der Stadtverwaltung Erfurt bestätigte einen entsprechenden Bericht der »Thüringer Allgemeinen«. Bei dieser Summe handele es sich um den Netto-Betrag der möglichen Mehrkosten, sagte der Sprecher. Grund für die Kostensteigerung seien vor allem Baumaßnahmen, die mit dem Brandschutz an der Westtribüne der künftigen Multifunktionsarena zu tun haben. Und mit der Entwässerung der Anlage.
Bei der Westtribüne beispielsweise, so der Sprecher, hätten Brandschutzprüfer nun Auflagen zum Einbau von Brandschutztüren gemacht. Bei der Entwässerung des Innenraums des Stadions könnten anders als bislang geplant keine bestehenden Rohre genutzt werden. Diese seien verschlissen und müssten komplett erneuert werden. Zusätzlich würden wohl auch die Kosten für Planer, Berater und Gutachter höher ausfallen als gedacht.
Um wie viel die Kosten damit wohl mindestens steigen werden, wird offenbar, wenn man die bisher kalkulierte Gesamtinvestitionssumme für den Umbau des Stadions zu einer Multifunktionsarena berücksichtigt: etwa 39 Millionen Euro. Heißt: Die nun eingepreisten Mehrkosten betragen fast 15 Prozent dieser Summe.
Um die zusätzlichen Gelder bereitzustellen, will die Stadt Erfurt als Bauherr der Erneuerung des Stadions nun einerseits einen Nachtragshaushalt verabschieden. Nach Angaben des Sprechers sollen so weitere etwa 0,7 Millionen Euro aus kommunalen Mitteln für das Projekt bereitgestellt werden. Den Rest der Mehrkosten soll das Land Thüringen über Fördermittel zahlen. Das hofft man jedenfalls in der Stadtverwaltung.
Im für die Fördermittel zuständigen Wirtschaftsministerium ist man jedoch alles andere als erfreut über die Kostensteigerung. Schon in der Vergangenheit war der Umbau des Stadions sehr umstritten - gerade wegen der Kosten. Einen Blankoscheck über 5,7 Millionen Euro minus 0,7 Millionen Euro kommunaler Eigenanteil wollen die Verantwortlichen im Ressort von Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee - auch ein Sozialdemokrat - den Erfurtern jedenfalls nicht ausstellen. »Eine Beteiligung des Landes an gestiegenen Kosten kommt grundsätzlich nur dann in Frage, wenn diese Kosten nicht durch Mängel in der Bauplanung entstanden und außerdem unabweisbar und erst im Bauverlauf überhaupt erkennbar geworden sind«, sagt ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums.
Dass noch weitere, bislang unvorhergesehene Mehrkosten beim Umbau des Stadions entstehen könnten, das bestreitet der Sprecher der Stadt. Vielmehr seien in den fraglichen 5,7 Millionen Euro auch Risiken eingepreist, die nicht eintreten müssten. Es handele sich um ein »Worst-Case-Szenario«. Diese Summe müsse deshalb nicht einmal zwingend auch ausgeschöpft werden, sagt der Sprecher.
Nach allen Erfahrung mit öffentlichen Bauprojekten darf man getrost sagen: Noch sagt der Sprecher das.
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