»Da kommen die Trickser, Täuscher, Schlitzohren«
Vor der Bürgerabstimmung in Hamburg über Olympia 2024 bleibt die Finanzierung der Spiele unklar. DOSB-Chef Alfons Hörmann stört es nicht
Das Olympia-Referendum am 29. November wird für die Hamburger Bürger eine Abstimmung mit einem riesengroßen Fragezeichen. Bis zum Tag der Entscheidung in drei Wochen wird keine Klarheit über die Finanzierung der Sommerspiele 2024 herrschen. DOSB-Präsident Alfons Hörmann bestätigte, dass es bis zur Abstimmung keine Einigung mit dem Bund über die geplanten Zuschüsse in Höhe von 6,2 Milliarden Euro geben werde.
»Es gibt doch trotzdem einen Schulterschluss: Wenn der Bund nicht nein sagt, dann ist das für mich die schönste und klarste Form der Zustimmung, die man in einer so frühen Phase erwarten kann«, sagte Hörmann am Rande der Sportkonferenz des Deutschlandfunks in Köln am Donnerstagabend. Der DOSB-Boss sieht die Verhältnisse trotz des fehlenden grünen Lichts aus Berlin als ausreichend geklärt an: »Hamburg hat gesagt, was geht, Kiel hat gesagt, was geht, und damit haben die Bürger eine klare Basis für die Abstimmung.«
Somit ist denkbar, dass die Hamburger Ende November über ein Projekt abstimmen, das selbst im Falle eines positiven Referendums kurze Zeit später hinfällig werden könnte. Nach Abzug aller Einnahmen (rund 3,8 Milliarden Euro) kommen auf den Steuerzahler Kosten in Höhe von 7,4 Milliarden Euro zu. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz hatte mehrfach betont, dass die Hansestadt nicht mehr als 1,2 Milliarden Euro beitragen werde. Sollte der Bund also die Zahlung von 6,2 Milliarden Euro verweigern, müsste Hamburg die Bewerbung fallen lassen. Der Hamburger Wähler, für den die Finanzierung eine zentrale Frage ist, muss wiederum am 29. November darauf vertrauen, dass Scholz in Verhandlungen mit dem Bund nicht doch noch Kompromisse eingeht. Und die Zeit drängt: Anfang 2016 müssen die deutschen Bewerber beim Internationalen Olympischen Komitee alle Finanzgarantien hinterlegen.
»Aus der Tatsache, dass niemand in Berlin gesagt hat: ›Vielen Dank, dass ihr uns gesagt habt, was ihr braucht‹, haben viele geschlossen, es gäbe Streit. Dabei ist dieser umfangreiche Prüfprozess das Normalste überhaupt«, sagte Hörmann. Das Bundesinnenministerium hatte den Finanzierungsvorschlag »zur Kenntnis genommen« und erklärt, dass eine Einigung noch nicht erreicht werden konnte. Hörmann betonte, er habe »keinerlei Zweifel an einer vernünftigen Lösung«.
Dass es die deutschlandweite Großwetterlage derzeit nicht gut mit der Hamburger Bewerbung meint, nimmt Hörmann zumindest äußerlich gelassen hin. Selbst wenn ein positives Referendum durch nicht beeinflussbare Vorgänge wie die Flüchtlingskrise, in deren Zuge der Sport schon mit Nachdruck finanzielle Unterstützung vom Bund fordert, oder die ungeklärten Fragen rund um Fußball-WM 2006 ernsthaft in Gefahr geriete - einen faulen Kompromiss soll es am 29. November nicht geben.
»Wir werden keine demokratischen Gesetze außer Kraft setzen«, sagte Hörmann: »Das ist nicht machbar, das wäre auch in Hamburg nicht vermittelbar. Selbst wenn wir gute Argumente anführen könnten, würde es doch heißen: da kommen die Trickser, Täuscher, Schlitzohren. Die Konstellation ist messerscharf: Bei 49,9 Prozent gibt’s die Bewerbung am 30. September nicht mehr. So einfach ist das.« SID/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.