Leistungsschutzrecht auch für Links?
Pläne der EU-Kommission zu europäischem Urheberrecht geleakt
Dass die EU-Kommission ein einheitliches europäisches Urheberrecht plant, ist nicht neu. Die zwölf Seiten, die am Donnerstag im Internet auftauchten hingegen schon. Der Blog IPKat hat Pläne der EU-Kommission geleakt, die eigentlich in frühestens einem Monat an die Öffentlichkeit gelangen sollten.
Das Papier mit dem Titel »Towards an modern, more European copyright framework« handelt vor allem um die Vereinheitlichung europäischer Urheberrechtsregelungen. Ziel sei eine »vollständige Harmonisierung des Urheberhechts in der Europäischen Union.« Unter anderem plant die EU-Kommission:
- die Digitalisierung kommerziell nicht mehr genutzter Inhalte zu vereinfachen
- Radio- und Fernsehprogramme grenzüberschreitend zugänglich zu machen
- die Bedingungen, unter den Forscher massenhaft Daten auswerten können, zu verbessern
- die digitale Sicherung von Kunstgütern zu vereinfachen.
Vieles in dem Dokument ist noch unkonkret gehalten oder fasst lediglich Pläne zusammen, die schon in anderen Dokumenten auftauchten. Interessant sind vor allem die Pläne der EU-Kommission zum Thema Geoblocking und Leistungsschutzrecht.
Youtube-Clips für alle
Dem Papier zufolge plant die EU-Kommission neu, das sogenannte Geoblocking im Rahmen der Schaffung eines digitalen Binnenmarktes abzuschaffen. Als Geoblocking wird bezeichnet, dass Urheberrechtsinhaber ihre Inhalte lediglich in bestimmten Ländern zugänglich machen. Nutzer in anderen Ländern erhalten im Zweifel statt des Inhalts eine Fehlermeldung. Viele User dürften dies zum Beispiel von US-Fernsehserien oder Musik-Clips auf Youtube kennen, die in Deutschland nicht zugänglich sind.
Die EU-Kommission begründet die Abschaffung damit, dass Internetnutzer ohnehin »technische Hilfskonstruktionen wie VPN-Netzwerke nutzen« würden, um Geoblocking zu umgehen. Außerdem könne Geoblocking Musik- und Film-Piraterie anfeuern. »Inhalte aller Art« sollen stattdessen »überall in Europa« zugänglich gemacht werden. Allerdings soll dies »schrittweise« geschehen. In einem ersten Schritt plant die Kommission Regulierungen zur »Portabilität«, die sicherstellen sollen, dass auf Inhalte, die von Nutzern in einem Land erworben wurden, auch in einem anderen EU-Mitgliedsstaat zugegriffen werden kann.
Leistungsschutzrecht jetzt auch für Links?
Während die Pläne zum Geoblocking wohl sowohl bei Unternehmen wie bei Privatnutzern auf Zustimmungen stoßen dürfen, bietet der Entwurf auch Neues zum Reizthema Leistungsschutzrecht (LSR), ohne dabei allerdings sonderlich konkret zu werden. Prinzipiell stimmt die Kommission dem Prinzip des LSR zu, mit dem sich Verleger die Nutzung auch kleinster Inhalte (z.B. Ausschnitte aus Texten) durch Suchmaschinen vergüten lassen wollen. Lediglich nationale Alleingänge beim LSR kritisiert das Papier.
Die Abgeordnete der Piraten im EU-Parlament Julia Reda vermutet, dass in Zukunft sogar schon Links durch das Leistungsschutzrecht geschützt werden könnte. Auf ihrer Website schreibt sie, die EU-Kommission erwäge, »entgegen der bisherigen Rechtssprechung und aller Vernunft das bloße Verlinken von Inhalten unter Urheberrechtsschutz zu stellen.«
Sollte dies tatsächlich irgendwann in einen Gesetzesentwurf einfließen, dürfte dies sicherlich erneut zu massiven Protesten von IT-Interessenverbänden und Suchmaschinen-Konzernen wie Google führen. Nach jahrelangem Rechtsstreit scheiterte ein Schiedsverfahren des Deutschen Patent- und Markenamts zwischen der Verwertungsgesellschaft VG Media, in der große deutsche Verlage wie Burda und Springer organisiert sind, und Google erst vergangene Woche. Die Auseinandersetzung drehte sich um die Anzahl der in Suchergebnissen ausgeben Worten, nach denen eine Vergütung nötig wird. Die Schiedsstelle hatte eine Obergrenze von sieben Wörtern unter Ausschluss der Suchbegriffe vorgeschlagen.
Was aus den geleakten Plänen der EU-Kommission ist nicht nur wegen der zu erwarteten massiven Einflussnahme von Interessenverbänden unklar. Zurzeit handelt es sich bei den Plänen noch nicht einmal um einen Gesetzesentwurf. Auch die EU-Kommission erwähnt in ihrem Papier, dass es sich um eher langfristige Pläne handelt.
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