Konflikte und Rohstoffe
Die Bundesregierung empfiehlt mehr Transparenz beim Handel - Kritiker sehen allenfalls kleine Fortschritte
Gold, Kobalt und Uran sind knapp im Industrieland Deutschland. Daher wurden 2014 laut Statistischem Bundesamt für über 140 Milliarden Euro Rohstoffe importiert, ein Siebtel aller Einfuhren. Vor allem bei Metallrohstoffen, einzelnen Industriemineralen und Energierohstoffen ist die Wirtschaft sehr von Importen abhängig. Mit einer dreitägigen Internationalen Rohstoffkonferenz in Berlin will die schwarz-rote Bundesregierung, wie es im Titel heißt, »Verantwortung übernehmen«.
Die Bundesrepublik habe als eines der wichtigsten Importländer für Rohstoffe »eine besondere Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt in den rohstoffgewinnenden Ländern«, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) bei der Eröffnung am Dienstag. »Noch in diesem Jahr« wolle die Regierung den Antrag auf Mitgliedschaft in der »Extractive Industries Transparency Initiative« (EITI) in Oslo einreichen. Die Transparenzinitiative, die sich aus Vertretern von Wirtschaft, Zivilgesellschaft und öffentlichem Sektor zusammensetzt, wurde bereits 2002 auf Anregung des damaligen britischen Premierministers Tony Blair gegründet. Mittlerweile bemühen sich weltweit 49 Staaten um mehr Durchblick im eigenen Bergbau.
Besonders undurchsichtig ist die Rolle der Konfliktrohstoffe wie Tantal, Wolfram oder Zinn. In Ländern wie Kongo, Kolumbien und Myanmar werden mit deren Verkauf bewaffnete Gruppen finanziert. Über dunkle Kanäle gelangen diese Rohstoffe in die globalen Lieferketten und auf den europäischen Markt. Gudrun Franken von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), dem fachlichen Zentrum der deutschen Rohstoffpolitik, sieht viele gute Ansätze für eine nachhaltige Regulierung und für Maßnahmen zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette. Aber es könne nur Schritt für Schritt vorangehen, »weil es ein so komplizierter Prozess in einem globalen Markt ist«. So habe die BGR mit der Regierung des Kongo eine Zertifizierung von Mineralen aufgebaut, um deren (legale) Herkunft zu dokumentieren.
Eine Politik der kleinen Schritte akzeptieren auch die Antikorruptionsorganisation Transparency International sowie entwicklungspolitische und Umweltverbände. »Es ist gut, dass sich die Bundesregierung nun bewegt und für eine gewisse Verbindlichkeit einsetzt«, meint Michael Reckordt, Koordinator des zivilgesellschaftlichen Netzwerks AK Rohstoffe. Allerdings vertrete sie die Position, dass eine verbindliche Regulierung verhältnismäßig sein und der Fokus auf dem Rohstoffhandel liegen müsse. »Erfahrungen aus den USA zeigen, dass nur wirkliche Fortschritte erzielt werden, wenn auch der produzierende Sektor in die Pflicht genommen wird«, so Reckordt. Hierfür hatte der Dodd-Frank-Act eher nebenbei gesorgt. Das Gesetz, mit dem die US-Regierung auf die Finanzkrise 2007 reagierte, schreibt börsennotierten Konzernen den Nachweis vor, dass ihre Rohstoffe nicht aus Konfliktregionen stammen.
Eine Studie der BGR in Hannover zeigt allerdings, dass vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen Rohstoffgeschäfte betreiben. Mehr als 95 Prozent der Unternehmen in der nachgelagerten Lieferkette sind danach KMU, die meist nicht börsennotiert sind. Ihnen rät eine Leitlinie der Industrieländerorganisation OECD zum verantwortungsvollen Umgang mit Konfliktrohstoffen.
Auch die Geo-Bundesanstalt will die Abnehmer nicht aus der Verantwortung entlassen. Der beste Ansatzpunkt sei jedoch vor Ort im Bergbau bis zur Verarbeitung in der Hütte, sagt Expertin Franken. Denn hier könne die Herkunft der Minerale noch sehr gut nachvollzogen werden. Wichtig sei es daher, die Hütten, die vor allem in Asien etwa mit afrikanischem Zinn produzieren, in die Regulierung mit einzubeziehen. »Letztlich bräuchte man eine globale Lösung, um auch Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern.«
Derzeit wird auf EU-Ebene eine Verordnung zum verantwortungsvollen Import von Konfliktrohstoffen diskutiert. Unternehmen sollen offen legen, ob sie Konfliktrohstoffe entlang der Lieferkette nutzen und wie sie gegen Missstände vorgehen. Das Europaparlament hat sich gegen den Entwurf der EU-Kommission und für strengere Regulierungen ausgesprochen. Der Streit soll in den kommenden Monaten in »Trilog-Verhandlungen« zu einem Kompromiss führen.
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