Keine Zeit der Gnade
Ingolf Bossenz über die Gefährdung zivilisatorischer Werte durch Terroristen
»Gnadenlos« werde Frankreich reagieren. Das hatte Präsident Hollande nach dem Pariser Blutfreitag verkündet. Diese martialische Wortwahl impliziert das verzweifelte Unterfangen, einem asymmetrischen Krieg - nämlich der Konfrontation mit dem Terror - zumindest eine symbolische Symmetrie aufzudrücken. Denn: Gnadenlosigkeit ist gewiss der zentrale Zug, der den islamistischen Herostraten eignet, die sich als Zerstörer westlicher Tempel des Hedonismus und der Dekadenz sehen. Menschen in Massen einzig wegen ihrer gelebten Weise hinzuschlachten, ist eine kaum mehr zu übertreffende Dimension der Gnadenlosigkeit.
Deshalb dürfte Letztere wohl nicht die von Hollande gemeinte adäquate Antwort auf das Massaker sein - auch, weil der Begriff der Gnade immerhin fundamentaler Topos des Christlichen ist. Gnade und Vergebung, Toleranz und Menschenrechte - diese Werte sind nicht nur essenziell für das Zusammenleben. Sie können auch den Kampf gegen Feinde, die sich um solche Maßgaben nicht scheren, sehr schwierig machen. Die Gefahr, die aus dieser Konstellation erwächst, ist kaum zu überschätzen. Man sollte Nietzsches Warnung eingedenk sein: »Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird.« Mit jedem Anschlag, mit jedem Vergeltungsschlag wird diese Gefährdung indes größer.
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