DFB und DFL verschieben Grindels Wahl
Aufklärung der WM-Affäre soll Priorität haben
Die Machtspielchen hinter den Kulissen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) dauerten gut vier Stunden an - dann aber hatten sich scheinbar alle wieder lieb. Der öffentlich ausgetragene Zwist zwischen den Vertretern des Profifußballs und den 21 Landesverbänden um die »Causa Reinhard Grindel« scheint zumindest nach außen zunächst beigelegt: Erst einmal soll die Affäre um die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland aufgeklärt werden - und danach über den Nachfolger des zurückgetretenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach nachgedacht werden. Der wird wohl trotzdem Reinhard Grindel heißen.
»Wir sind uns völlig einig: Es geht nicht nur um einen Kopf für den DFB, sondern um die Aufarbeitung einer sehr bedrückenden Affäre«, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Grindel, der am vergangenen Dienstag von den Landesfürsten einstimmig, aber offenbar gegen den Willen der Ligavertreter sehr eilig ins Rennen geschickt worden war. »Wir werden gemeinsam Konsequenzen ziehen und den DFB zukunftssicher machen. Wir reden miteinander und nicht übereinander«, so Grindel.
Ein außerordentlicher Bundestag, auf dem gewählt wird, werde definitiv erst nach Abschluss der Ermittlungen der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer anberaumt, sagte DFB-Interimspräsident und Ligaverbandsboss Reinhard Rauball, der sich mit seinem Credo durchgesetzt hat: »Wir sind gemeinsam zu der Auffassung gelangt, dass die Aufarbeitung Vorrang hat. Danach werden wir uns zusammensetzen und überlegen, was wir verändern können und müssen, um die Sichtweise beider Parteien zu berücksichtigen. Wir wollen den DFB zukunftssicher machen«, benutzte er haargenau dieselben Worte wie Grindel.
Derzeit scheint ein erstes Fazit der externen Ermittler schon bis Ende des Jahres realistisch, die anschließenden Strukturdiskussionen werden »kurzfristig« stattfinden, sagte Rauball. Der ordentliche DFB-Bundestag ist erst für den 3. und 4. November 2016 in Erfurt terminiert.
Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), bestätigte, dass der Profifußball vorerst keinen eigenen Kandidaten aufstellen werde, schloss dies jedoch auch nicht aus. »Wir sind übereingekommen, dass wir zunächst über inhaltliche Themen sprechen wollen«, sagte Seifert.
Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte sich schon am Freitagmittag für eine Doppelspitze ausgesprochen. »Zumindest für einen Zeitraum von drei Jahren. Vielleicht mit Reinhard Grindel und einem Vertreter der Liga«, sagte der BVB-Boss dem »kicker«. »Wir haben die ganze Thematik rund um die WM-Vergabe noch nicht aufgeklärt, und wir haben uns nicht einmal im Ansatz Gedanken gemacht, ob wir in veränderten Strukturen das eine oder andere vielleicht hätten verhindern können.«
Grindels politische Gegner wettern unterdessen weiter gegen die Entscheidung der Landesverbände. »Wohin steuert der DFB? Ein Trauerspiel nach dem anderen. Bisher null Aufklärung und null Transparenz - aber eine tagelange und unsägliche Debatte um die Personalia des künftigen DFB-Präsidenten«, sagte Özcan Mutlu, sportpolitischer Sprecher der Grünen der »Rheinischen Post«: »Diese Debatte schadet dem krisengeschüttelten DFB weiter und verhindert dringend nötige Strukturveränderungen.« SID/nd
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