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Über den Tisch gezogen

Buch enthüllt die vielen Tricks der Lebensversicherer

  • Thomas Trares
  • Lesedauer: 3 Min.
Lebensversicherungen sind ein äußerst rentables Anlageprodukt - weniger für die Kunden als für die Finanzunternehmen.

Die Lebensversicherung ist das beliebteste Altersvorsorgeprodukt der Deutschen. Etwa 92 Millionen Verträge gibt es. Der Kunde sichert sich damit gegen Lebensrisiken wie Tod oder Berufsunfähigkeit ab und betreibt zugleich Altersvorsorge und Vermögensaufbau. Denn auf die eingezahlten Beiträge gewährt der Versicherer einen Garantiezins und je nach Anlageerfolg eine Überschussbeteiligung. Die Lebensversicherung ist eine langfristige Geldanlage, das heißt: früh einsteigen, bis zur Rente sparen, Versicherungsschutz genießen und im Alter von stabilen Erträgen profitieren. Das ist das Ideal.

Wie dagegen die Realität aussieht, beschreiben die beiden Kölner Journalisten Holger Balodis und Dagmar Hühne in ihrem Buch »Garantiert beschissen!«. Demnach steigen vier von fünf Versicherten vorzeitig aus ihrem Vertrag aus. Schlecht für die Kunden, für die Versicherer optimal. Insbesondere wenn für gekündigte Verträge neue abgeschlossen werden. »Was ist das anderes als ein Kettenbriefsystem?«, fragen die Autoren.

Das Problem bei den Lebensversicherungen ist das hohe Informationsgefälle - wie eine Privatrente funktioniert, wissen die meisten Kunden nicht. Was in 30 oder 40 Jahren herauskommen wird, können sie nicht wissen. Die Qualität des Produktes ist oft nicht nachprüfbar. Entsprechend können die Versicherer das Spiel nach ihren Regeln diktieren. Es gibt überzogene und versteckte Kosten, realitätsferne Langlebigkeitsprognosen, ungünstige Sterbetafeln, überhöhte Provisionen, vorenthaltene Überschüsse, geschönte Stornozahlen und schlechte Beratung. Über 80 Prozent der Kunden verlieren so effektiv Geld, konstatieren Balodis und Hühne.

Der Politik geben sie eine Mitschuld und verweisen auf die Rentenreform 1957, mit der das Steuerprivileg für Lebensversicherungen eingeführt wurde, auf das Lebensversicherungsreformgesetz von 2014, mit dem »ein mühsam erkämpftes Kundenrecht einfach wieder einkassiert« wurde, und auf die Einführung der Riester- und Rürup-Rente durch die rot-grüne Koalition. »Diese Policen sind in der Regel für Kunden so nachteilig, dass kein Mensch einen solchen Vertrag unterschreiben würde. Mit staatlichen Zuschüssen, Steuervorteilen sowie der zugehörigen Propaganda verkaufen sie sich jedoch millionenfach.«

An vielen Stellen tragen die Autoren allerdings zu dick auf. Oft ist von »Beschiss«, »Scharlatanerie«, »Gaukler«, »Opfer« oder »Beute« die Rede. Interessant wird es dagegen, wenn sie einen Blick hinter die Kulissen werfen, von Tricks und Kniffen der Versicherer berichten wie beim Besuch einer Roadshow des Maklerpools Fonds Finanz Maklerservice oder bei einem Treffen von Fachjournalisten mit der Ratingagentur Assekurata.

Die Autoren beschränken sich nicht aufs Lamentieren, sondern zeigen auch Alternativen auf. So fordern sie, die gesetzliche Rentenversicherung wieder zu stärken, eine Mindestrente einzuführen und die Riester-Rente zu stoppen. Auf die drängendste Frage »Soll man seinen Vertrag kündigen oder nicht?« haben sie jedoch keine einfache Antwort: »Im Zweifel hilft der Gang zum unabhängigen Berater oder zur Verbraucherzentrale.«

Holger Balodis, Dagmar Hühne: Garantiert beschissen! Der ganz legale Betrug mit den Lebensversicherungen, Westend Verlag, Frankfurt/Main, 2015, 256 S., 17,99 €.

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