Pfizer verkauft sich ins Ausland

Botox-Produzent Allergan kauft den deutlich größeren Viagra-Konzern für 160 Milliarden Dollar - und holt ihn zu sich ins Steuerparadies Irland

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Viagra-Hersteller Pfizer wird vom kleineren Wettbewerber Allergan aufgekauft. Damit entsteht das größte Pharmaunternehmen der Welt, das mit dem Deal auch noch Steuern spart.

Die lange erwartete Fusion der Pharmaunternehmen Pfizer und Allergan ist jetzt besiegelt. Das teilten die beiden Firmen am Montag mit. Der Kaufpreis liegt bei 160 Milliarden Dollar. Damit entsteht der größte Medizinkonzern der Welt - der Kapitalwert von Pfizer und Allergan ist deutlich größer als der der bisherigen Nummer eins, Johnson & Johnson.

Das neue Unternehmen wird für 60 Milliarden Dollar Produkte verkaufen, darunter weltweite Renner wie Viagra und das Arthritismittel Celebrex von Pfizer und die Kosmetikmittel Botox und Juvederm von Allergan. Es entstehe das weltweit führende Pharmaunternehmen - »mit der Kraft, für mehr Menschen rund um den Globus mehr Medikamente zu erforschen, zu entdecken und zu liefern«, sagte Pfizer-Chef Ian Read. Sein neuer Partner Brent Saunders von Allergan nannte den Zusammenschluss »eine hochstrategische, Wert verbessernde Transaktion«, die zwei »Biopharma-Kraftwerke« vereine.

Allergan ist selbst ein Fusionsprodukt. Ursprünglich hieß man Watson. Nach dem Kauf der schweizerisch-luxemburgischen Actavis übernahm man auch deren Namen. In diesem Jahr kaufte man dann das US-Unternehmen Allergan und benannte sich erneut um.

Der Abschluss macht deutlich, dass die Zeit reif ist für Firmenfusionen, nicht nur in der Pharmabranche. Kürzlich legte der weltgrößte Braukonzern AB Inbev für den Rivalen SABMiller umgerechnet gut 106 Milliarden Dollar auf den Tisch. In diesem Jahr summieren sich Käufe und Fusionen auf rund vier Billionen Dollar, wie die Finanzfirma Putnam Investments in Boston errechnet hat. Bis Jahresende könnte der bisherige Rekord von 2007 übertroffen werden. Laut Putnam-Forschungsdirektor Aaron Cooper handelten Firmen wie Pfizer und Allergan jetzt, um dem Gegenwind zu entgehen, der nach der erwarteten Anhebung der Leitzinsen durch die US-Notenbank an der Wall Street wehen dürfte. »Wir haben einen Gipfelpunkt erreicht«, so Cooper.

Neben dem niedrigen Zinsniveau sorgt in der Pharmabranche auch das Auslaufen wichtiger Patente für Fusionsdruck. Zudem stehen Steuerfragen im Vordergrund. Als Ende Oktober das »Wall Street Journal« erstmals über Fusionsgespräche berichtete, hieß es noch, Pfizer wolle das in Irland ansässige Unternehmen Allergan übernehmen und seinen Firmensitz dorthin verlegen. Pfizer müsste dann statt wie bisher in den USA 25 Prozent seiner Gewinne nur noch 4,8 Prozent als Steuern abführen.

Vergangene Woche veröffentlichten aber das US-Finanzministerium und die Steuerbehörde IRS neue Regeln, die solche »Inversion« verhindern sollen, bei der US-Konzerne kleine Auslandsfirmen kaufen und ihren Firmensitz verlagern, um von niedrigeren Sätzen zu profitieren. Da die wesentlich kleinere Allergan nun aber formell Pfizer übernimmt, kann sie den Konzern zu sich nach Irland holen. Allerdings dürften die Steuerersparnisse mit den neuen Maßnahmen des Finanzministeriums etwas niedriger ausfallen. Um wie viel, dass weiß nur Pfizer. Kommentar Seite 4

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