Kerngeschäft Klimaschutz

Allianz-Versicherung will »grün« werden - nicht allein aus nachhaltigen Gründen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach dem angekündigten Rückzug aus der Kohlebranche legte der größte europäische Versicherer am Donnerstag nach: Der neue Allianz-Chef Oliver Bäte macht den Klimaschutz zur Chefsache.

Im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Paris verpflichtet sich die Allianz SE, den Klimaschutz bei all ihren Geschäften zu berücksichtigen. »Mit unserem Risikowissen, unserer Finanzstärke und unseren langfristigen Anlagehorizonten können wir den Klimaschutz wirkungsvoll unterstützen«, verspricht Oliver Bäte, Vorstandsvorsitzender des Versicherungskonzerns. Zukünftig sollen Geldanlagen »flächendeckend« nach 37 Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung analysiert werden. Zu den Kriterien zählen Treibhausgasemissionen und Energieeffizienz. Die von der Finanzaufsicht als »systemrelevant« eingeschätzte Allianz hat nach Firmenangaben zurzeit über 630 Milliarden Euro angelegt.

»Klimaschutz ist Kerngeschäft«, umschrieb Bäte den Strategiewandel. Mit Blick auf das Zwei-Grad-Ziel der UNO konkretisierte er zudem am Donnerstag seine Absicht, keine »kohlebasierten Geschäftsmodelle« mehr zu finanzieren. Unternehmen seien tabu, wenn sie mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes durch den Abbau von Kohle oder mehr als 30 Prozent ihrer Energieerzeugung aus Kohle erzielen. Bis März sollen Aktien im Wert von 225 Millionen Euro veräußert werden, Anleihen über 3,9 Milliarden Euro laufen aus und werden nicht erneuert.

Bereits Anfang der 2000er Jahre hatte sich die Allianz als einer der ersten globalen Finanzdienstleister für »grüne« Geldanlagen geöffnet. Damals wie heute gibt man in München zu, dass es neben strategischen Gründen und »guter Unternehmensleitung« auch um handfeste Geschäftsinteressen geht. Selbst in dem für die Allianz immer wichtigeren Markt China gerät die Kohle- und Ölindustrie in Verruf als Umweltverschmutzer. Global gelten Kohle- und Rohstoffaktien mittlerweile als riskante Anlage. Auch weil der expansive Industrialisierungsschub in Asien ausläuft und sich mehr Wertschöpfung in den Dienstleistungssektor verschiebt. Zugleich wächst der Druck, neue Geschäftsfelder zu erschließen, weil die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken klassische Erfolgsmodelle wie die Kapitallebensversicherung aushöhlt. Fonds und Banken drängen zudem in angestammte Versicherungsmärkte.

So ist die Allianz mit über 2,5 Milliarden Euro bereits einer der führenden privaten Investoren in erneuerbare Energien, Windparks und Stromtrassen. Versicherungsschutz vor Klimarisiken will die Allianz zudem in Entwicklungsländern verkaufen. Zusammen mit weiteren Versicherern sucht die Allianz nach Wegen zum G7-Ziel, 400 Millionen Menschen in Entwicklungsländern gegen Klimarisiken finanziell abzusichern. In China und Indien werden bereits 125 Millionen Kleinbauern rückversichert.

Zustimmung kommt von einflussreichen Nichtregierungsorganisationen: Germanwatch, WWF und Transparency International loben in einer gemeinsamen Presseerklärung mit dem Assekuranzriesen die Selbstverpflichtung. Sie sei »ein starkes Signal für den globalen Kapitalmarkt in turbulenter Zeit«, sagte Caspar von Hauenschild von Transparency International. Der Klimaschutz werde nicht an seiner Finanzierung scheitern, unterstreicht Allianz-Boss Bäte. Von den Regierungspolitikern in Paris fordert er verlässliche Rahmenbedingungen für langfristige Anleger. Kommentar Seite 4

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