Großbritannien streitet über eine Zuckersteuer

Übergewicht schon bei Kindern zwingt zum Handeln

  • Meike Stolp, London
  • Lesedauer: 2 Min.
Britische Abgeordnete wollen Zuckerprodukte besteuern und damit das Risiko der Fettleibigkeit senken. Die Zuckerindustrie wehrt sich.

Limonade, Cola, Wasser mit Geschmack - Süßgetränke könnten in Großbritannien bald teurer werden. Die Gesetzgeber denken über die Einführung einer Zuckersteuer nach, die Süßgetränke genauso treffen könnte wie Schokolade und Kuchen. Für einige Abgeordnete ist sie eine effektive Maßnahme gegen Fettleibigkeit, vor allem bei Kindern. Das Gesundheitskomitee des Parlaments nannte seinen entsprechenden Bericht einen »überzeugenden Beweis«, dass die Steuer den Zuckerkonsum senken würde.

Bislang hatte die Regierung eine Zuckersteuer abgelehnt. Einzellösungen könnten dem Problem der Fettleibigkeit von Kindern nicht Herr werden, so der langjährige Tenor. Nun kommt sie mit der Haltung unter Druck. Eine Steuer »könne nicht länger ignoriert« werden, so das Papier des Gesundheitskomitees. Als Beispiel wird Mexiko angeführt. Dort wurde eine Steuer von zehn Prozent auf mit Zucker gesüßte Getränke eingeführt, was zum Konsumrückgang von sechs Prozent führte. In Anbetracht der Tatsache, dass in Großbritannien ein Fünftel der Grundschulkinder bereits übergewichtig bis fettleibig seien, so die Abgeordneten, und diese Anzahl auf ein Drittel ansteigen würde, bis die Jugendlichen die Schullaufbahn beenden, sei die Regierung zum Handeln gezwungen. Das Problem werde sich verschärfen, wenn die Regierung es versäumt zu handeln, so Ausschussvorsitzende Dr. Sarah Wollaston.

Der Bericht fordert nicht nur eine Besteuerung zuckerhaltiger Getränke, sondern auch Zurückhaltung bei Vermarktung und Werbung. Überhaupt soll ungesundes Essen weniger beworben werden, das Marketing stärker kontrolliert werden. Zeichentrickcharaktere sollen kein ungesundes Essen mehr bewerben dürfen. Überhaupt soll zum Beispiel im Fernsehen Werbung für entsprechende Lebensmittel erst ab 21 Uhr ausgestrahlt werden dürfen. Der Zuckergehalt von Lebensmitteln soll deutlicher ausgezeichnet werden.

Die Forderungen des Ausschusses werden von Public Health England unterstützt. Die Gesundheitsagentur, die an das Gesundheitsministerium angegliedert ist, erklärte bereits vergangenen Monat, dass die Umsetzung der geforderten Maßnahmen von Vorteil wäre. Auch Fernsehkoch Jamie Oliver ermunterte die Minister, eine Besteuerung zuckerhaltiger Getränke einzuführen, es sei die »einzige und wichtigste Veränderung«, die durchgeführt werden könne. Zuckergetränke seien die größte Zuckerquelle für Elf- bis 18-Jährige. Sie ziehen 12 bis 15 Prozent ihrer Energie aus dem Kohlenhydrat - obwohl Mediziner nur 5 Prozent empfehlen.

Ian Wright, Direktor der Food and Drink Federation, empfand den Bericht als »enttäuschend«. Keiner habe dabei die Sichtweise der Verbraucher mitgedacht, die »sowieso schon Milliarden an Mehrwertsteuern auf Essen und Trinken zahlen«.

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