Brieftauben im Anflug
Silvia Ottow über das Verbot der Speicherung von Versichertenfotos
Schon lange ist die elektronische Krankenkassenchipkarte so etwas ähnliches wie der Berliner Flughafen der Gesetzlichen Krankenversicherung. Seit dem Beschluss ihrer Einführung, die vorsintflutartige Strukturen im Gesundheitssystem beenden sollte, sind fast vierzehn Jahre vergangen. In denen lösten Pleiten, Pech und Pannen einander ab. Es hagelte Proteste von Krankenversicherten, Datenschützern, Ärzteverbänden. Dennoch wurden ganz ungerührt jedes Jahr Millionen Euro aus den Beiträgen der Krankenversicherten in eine Organisation umgeleitet, die es bis heute nicht geschafft hat, außer dem Foto des Kartenbesitzers sonst irgendetwas Nützliches auf das Stück Plastik zu bannen - und dabei den Datenschutz zu gewährleisten.
Der Datenschutz ist der Dreh- und Angelpunkt des umstrittenen Projektes. Doch wirkliche Bemühungen darum sind nicht zu erkennen, sonst würden Kassen nicht die Versichertenfotos speichern und es auf Gerichtsurteile ankommen lassen, anstatt sich um die Optimierung von Datenschutzmechanismen zu bemühen. Jeder Versicherte wäre wohl froh, wenn er Arztbriefe, Röntgenbilder, Rezepte oder Überweisungen nicht länger zwischen seinen Ärzten, Therapeuten und Apothekern hin- und hertragen müsste - als habe Steve Jobs nie existiert und als setzte man bei der Gesetzlichen Krankenversicherung neuerdings auf Brieftauben.
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