Geldparken wird teurer
Europäische Zentralbank verlängert Anleihenkaufprogramm und erhöht Strafzinsen
Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, glaubt offenbar nicht, dass die Wirtschaft innerhalb der Eurozone in nächster Zeit zu neuem Glanz aufblüht. Bis Ende März 2017 wenigstens nicht. Bis mindestens dahin nämlich hat der EZB-Rat am Donnerstag die Laufzeit des Anleihenkaufprogramms der Zentralbank um sechs Monate verlängert. Zugleich wird es für Banken teurer, ihr überschüssiges Geld bei der Notenbank zu parken. Diese erhöhte den Strafzins für Einlagen von 0,2 auf 0,3 Prozent.
Was Draghi nämlich beunruhigt, ist, dass die Abschwächung der globalen Konjunktur den zaghaften Aufschwung in der Eurozone gefährden könnte. Dieser lag zuletzt bei 0,2 Prozent im zweiten Quartal dieses Jahres. Und als im Sommer die Börsen in China abstürzten, wurde bereits gewarnt, dass eine neue große Krise vor der Tür stehen könnte. Am Donnerstag beließ die Zentralbank die Leitzinsen, mit denen sich die Banken Geld bei ihr leihen können, deswegen unverändert bei historisch niedrigen 0,05 beziehungsweise 0,30 Prozent. Seit diesem März kauft die EZB zudem Wertpapiere in Höhe von monatlich 60 Milliarden Euro.
Die Finanzmärkte hatten offenbar erwartet, dass Draghi noch mehr am Geldhahn dreht. Der Deutsche Aktienindex (DAX) sackte gleich nach Bekanntgabe der Entscheidung um mehr als 3,5 Prozent auf 10 797 Punkte ab. Auch in Paris drehte die Börse ordentlich ins Minus.
Dabei dürfen die obersten Währungshüter der Eurozone eigentlich nicht die Wirtschaft ankurbeln. Ihr Mandat ist vor allem auf die Gewährleistung der Preisstabilität beschränkt. Doch diese gibt Draghi derzeit eine Möglichkeit zum Handeln: Als Zielmarke hat die EZB eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent. Seit geraumer Zeit liegt sie weit darunter. Im Oktober stiegen die Preise nur um marginale 0,1 Prozent.
Diese Situation birgt die Gefahr, dass die Währungsunion in einen deflationären Teufelskreislauf geraten könnte. Denn wenn die Preise fallen, so wird gemeinhin angenommen, verschieben private Haushalte und Unternehmen ihre Anschaffungen in die Zukunft. Dies schmälert die Nachfrage in der Gegenwart und lässt folglich die Wirtschaftsleistung schrumpfen. Die Unternehmen senken daraufhin ihre Preise erneut, und der Teufelskreislauf setzt sich fort.
Mit der Erhöhung der Strafzinsen hofft Draghi zu erreichen, dass die Banken das billige Zentralbankgeld in Form von günstigen Krediten verstärkt an die Unternehmen weiterreichen. Doch hatte Draghi bei seiner Entscheidung mit Gegenwind zu kämpfen. Wie gewohnt kam sie aus der Deutschen Bundesbank, die sich für eine weitaus restriktivere Geldpolitik als der Italiener ausspricht.
Im November lieferten sich Bundesbankchef Jens Weidmann und Draghi auf dem 25. Europäischen Bankenkongress einen kleinen Schlagabtausch: »Je länger die ul-tralockere Geldpolitik beibehalten wird, desto weniger effektiv wird sie sein und desto stärker werden die damit einhergehenden Risiken und Nebenwirkungen zum Tragen kommen«, warnte damals Weidmann. Draghi hingegen erklärte die bisherige EZB-Politik zu der »wahrscheinlich« treibenden Kraft der »aktuell anziehenden Erholung« und ließ weitere Maßnahmen offen.
Doch sowohl Draghis als auch Weidmanns ökonomisches Denken hat einen kleinen Fehler. »Reformen, die das Angebot ankurbeln, stützen somit auch die Nachfrage«, meinte nämlich Weidmann im November. Mit solchen Reformen meinte der Zentralbanker vornehmlich die Lohnkürzungen und Sparmaßnahmen in den Krisenländern seit Ausbruch der Krise. Wenn es aber keine Nachfrage gibt, dann wird aus dem Angebot schnell ein Ladenhüter. Dies gilt sowohl für die Unternehmen, die nichts investieren, wenn ihre Güter keine zahlungsfähige Käufer finden, als auch für die Banken, die ihre Kredite nicht loswerden, wenn die Firmen nicht investieren.
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