Sachsen, Scala und die Bausparkassen
Der Vorstand der Sparkasse Ulm hat - in Abstimmung mit dem Klägeranwalt Christoph Lang - gegen die beiden »Scala«-Urteile des Oberlandesgerichtes in Stuttgart »fristwahrend« Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt. »Auf diese Weise erlangen beide Seiten die Möglichkeit, die bereits begonnenen Verständigungsgespräche fortsetzen zu können«, sagte der Pressesprecher der baden-württembergischen Sparkasse auf Anfrage. Ursprünglich hatte man auf eine Einigung bis Anfang Dezember gehofft. Nun führe man »sehr intensive und konstruktive Gespräche«, die bis zum Januar 2016 eine Einigung bringen sollen.
Die Zeichen für eine außergerichtliche Einigung stehen am Rande der Schwäbischen Alb auf grün. Denn die Finanzbranche - wie auch Anwälte, die an solchen Klagen gut verdienen - hat nach Einschätzung von Verbraucherschützern kein wirkliches Interesse an einem höchstrichterlichen Urteil durch den BGH in Karlsruhe. Die Gefahr wäre groß, dass eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes einen letztlich kostspieligen Präzedenzfall schüfe. Und der könnte nicht allein Sparkassen in Sachsen, sondern auch Banken und andere Finanzdienstleister eines Tages teuer zu stehen kommen.
So haben die Bausparkassen eine Kündigungswelle losgetreten. Inzwischen sollen mehr als 200 000 Verträge gekündigt worden sein. Vor allem von Landesbausparkassen, aber auch von mehreren privaten Instituten. Zuletzt hatte die genossenschaftliche Bausparkasse Schwäbisch-Hall angekündigt, mehrere zehntausend Verträge zu kündigen. Aufgelöst werden sollen alte Bausparverträge, für die die Banken ansonsten weiter hohe Zinsen zahlen müssten.
Viele Kunden klagen dagegen. In Baden-Württemberg hat das Landgericht Stuttgart im November ein bemerkenswertes Urteil gefällt (Az. 12 O 110/15). Es gab einer Frau recht, die gegen die Kündigung ihres im Jahr 1999 abgeschlossenen Bausparvertrages durch Wüstenrot geklagt hatte. Nun muss die Bausparkasse weiterhin 4,5 Prozent Zinsen zahlen. Allerdings dürfte Wüstenrot in die Revision beim zuständigen Oberlandesgericht gehen - vor allem um Zeit zu schinden. Ein BGH-Urteil, das die Entscheidungen der Stuttgarter Richter eines Tages bestätigen würde, könnte für die Finanzbranche richtig teuer werden. Bis zu einem zweistelligen Milliardenbetrag gehen die Schätzungen. Soweit werden die Banken es nicht kommen lassen wollen. hape
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