Bochum - ein Jahr nach dem letzten Opel

In der Ruhrstadt haben die meisten früheren Opelaner noch immer keinen neuen Arbeitsplatz gefunden

  • Helge Toben, Bochum
  • Lesedauer: 4 Min.
Seit einem Jahr werden im Ruhrgebiet keine Autos der Marke Opel mehr gebaut. Was wurde aus den Opelanern, was aus dem riesigen Werkgelände? Ein Besuch in der NRW-Stadt.

»Opel-Werk 1« steht in Bochum noch auf wenigen alten Straßenschildern, der Schriftzug »Opel« ist an der ehemaligen Autofabrik in Bochum-Laer jedoch längst abmontiert. Wo vor einem Jahr am 5. Dezember die letzten Autos vom Band rollten, steht nun der Abriss fast aller Gebäude und Hallen an. 52 Jahre Autoproduktion in Bochum gingen damals zu Ende. 3300 Beschäftigte brauchten eine neue Perspektive.

Rolf Heyer ist nicht zu beneiden. 68 Hektar Industriegebiet, die Fläche des ehemaligen »Werks 1«, soll der Chef der Entwicklungsgesellschaft »Bochum Perspektive 2022« abschnittsweise vermarkten. Seit dem 1. Juli gehört der Gesellschaft das Gelände, ein Bebauungsplan ist in Arbeit, bald soll das Planungsrecht vorliegen. »Investoren können dann Bauanträge stellen«, sagt Heyer. An der Entwicklungsgesellschaft ist die Stadt zu 51 Prozent beteiligt, Opel zu 49 Prozent.

Doch die Herrichtung des Geländes stockt. Eine im Ausschreibungsverfahren für die Abbruch- und Erdarbeiten unterlegene Firma will vor Gericht durchsetzen, doch noch zum Zuge zu kommen. Das dauert. Erst im März steht die nächste Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf an. Bis dahin kann der große Abriss nicht beginnen, der dann auch noch einmal rund 15 Monate dauern soll.

Saniert wird jedoch schon der Untergrund, Stichwort: Bergbauschäden. Bereits 1742 wurde auf dem Gelände nach Kohle gegraben - jede Menge alte Schächte müssen geortet, begutachtet und gegebenenfalls verfüllt werden. Das geschieht nun seit ein paar Wochen.

Ein Großprojekt ist immerhin schon in Sichtweite: Die Deutsche Post DHL will auf 14 Hektar ein neues Paketzentrum errichten. Bis zu 600 Menschen sollen dort einmal arbeiten. In trockenen Tüchern ist aber auch das noch nicht. »Wir sind in Kauf- und Ansiedlungsverhandlungen mit DHL«, sagt Heyer. Man sei in der »finalen Phase«.

Auch für die restliche Fläche ist Heyer guter Dinge: »Wir hatten 300 Anfragen in den letzten anderthalb Jahren. Bei 50 bis 60 von denen könnte es was werden.« Darunter seien wiederum zehn bis zwölf, die ein »nachhaltiges« Interesse zeigten: Firmen, die die Flächen selbst nutzen wollen, Projektentwickler, weitere Logistiker. »Bis auf die Vergabegeschichte bin ich sehr zufrieden«, sagt er. »Wir sind ein sehr schnelles Projekt. Im ersten Jahr haben wir viel geschafft.«

Was aber ist mit den ehemaligen Beschäftigten? Opel-Sprecher Alexander Bazio rechnet vor: Von den einst 3300 Mitarbeitern seien rund 300 zum Warenverteilzentrum gekommen, das auf einem anderen Opel-Gelände in Bochum seinen Standort hat und für das es große Ausbaupläne gibt. Weitere 300 hätten an anderen Opel-Standorten oder außerhalb neue Jobs gefunden. 2500 seien dann am 1. Januar 2015 in eine Transfergesellschaft gewechselt, die restlichen zum 1. April und 1. Juli.

Etwa 800 von ihnen seien inzwischen 55 Jahre oder älter, erklärt Bazio. Für sie endet die Beschäftigung in der Transfergesellschaft nach einem Jahr. Falls sie keine neue Beschäftigung fänden, seien sie bis zum frühestmöglichen Renteneintritt abgesichert.Rund 1700 Menschen seien für zwei Jahre in der Transfergesellschaft beschäftigt.

Die IG Metall stellte vor ein paar Tagen fest, dass erst 102 Opelaner in neue Festanstellungen vermittelt wurden. 91 davon ließen ihren Transfer-Vertrag ruhen, weil sie fest damit rechnen, in Kürze einen neuen Job zu bekommen. Weitere 157 nehmen an Qualifizierungsmaßnahmen in externen Unternehmen teil. »Das ist keine großartige Erfolgsbilanz, aber auch das hat Ursachen«, sagte die Bochumer IG-Metall-Chefin Eva Kerkemeier der »Rheinischen Post«. Die Transfergesellschaft sei mit den vielen zu vermittelnden Mitarbeitern überfordert.

Der Träger der Transfergesellschaft, der TÜV Nord, hielt dagegen. Im ersten Jahr sei der Fokus auf die Qualifizierung der Kollegen gelegt worden. Erst im zweiten Jahr werde es schwerpunktmäßig um die Vermittlung in neue Arbeitsverhältnisse gehen. »Es ist viel zu früh, ein Resümee zu ziehen«, sagt auch Opel-Sprecher Bazio.

Und was ist mit den letzten Autos, die in Bochum vom Band rollten? Zwei Zafira Tourer habe Opel gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung gestellt. Sie sollen noch im Einsatz sein.

Jenseits von Bochum-Laer bleibt Opel in der Ruhrstadt - auf dem anderen Standort in Bochum-Langendreer. Das dortige Warenverteilzentrum, wo 700 Menschen arbeiten, soll ein neues Lagerhaus erhalten. 60 Millionen Euro will Opel investieren. Der Bau beginnt in Kürze. dpa/nd

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