Lettland versucht einen Neustart

Zurückgetretene Regierungschefin wünscht neue Ideen, die starken Parteien die alten Minister

  • Toms Ancitis, Riga
  • Lesedauer: 3 Min.
Die lettische Regierungschefin Laimdota Straujuma ist zurückgetreten. Deutliche Änderungen im lettischen politischen Kurs sind aber nicht zu erwarten.

Eine klare Begründung dafür, warum die lettische Ministerpräsidentin sein Amt gerade jetzt verlässt, gibt es nicht. Allerdings ist die Regierung in der letzten Zeit stark in die Kritik geraten. Vor allem wegen eines Skandals mit dem potenziellen Investor der lettischen Fluggesellschaft airBaltic. Er wird verdächtigt, besonders Interessen Russlands zu vertreten. Dabei hatte die Koalition einen scharf antirussischen Kurs gesteuert.

Weitere Probleme waren der Haushaltsplan 2016, der Steuererhöhungen, aber kaum Lohnerhöhungen für Lehrer und Ärzte vorsieht. Der Regierung wird auch immer wieder vorgeworfen, dass sie dem Verteilungsmechanismus für Flüchtlinge in der EU zugestimmt habe. Forderungen nach einem Rücktritt von Laimdota Straujuma hatte es allerdings nicht gegeben.

Diesen Rücktritt begründete Straujuma am Montagmorgen wenig erhellend mit diesem Satz: »Ich glaube, dass neue Ideen, neue Beiträge und neue Energie nötig sind, um mit dem weiterzumachen, was begonnen wurde.« Das sagte die 64-Jährige nach einem Treffen mit Staatspräsident Raimonds Vejonis zu Wochenanfang in Riga. »Das ist eine wohlüberlegte Entscheidung«, die Regierung benötige einen »Neustart«. Bis zur Bestätigung einer neuen Regierung bleibt das Kabinett geschäftsführend im Amt.

Mit der eigenen Bilanz zeigte sich die Kabinettschefin durchaus zufrieden. Der Staat sei in »gutem Zustand«, die Löhne wachsen, die Arbeitslosigkeit sinke, das Bruttoinlandsprodukt steige. Jedoch sei ihre Entscheidung von einer »Atmosphäre der politischen Intrigen und Gerüchte«, die sich während der letzten Wochen verstärkt habe, beschleunigt worden.

Als Überraschung wurde dieser Rücktritt nicht aufgenommen. Gerüchte, dass die Regierung bald fallen werde, waren schon in den ersten Tagen des neuen Kabinetts zu hören. Das war bereits vor zwei Jahren, als Straujuma vom lettischen Parlament bestätigt wurde. Ihr Vorgänger Valdis Dombrovskis war damals nach fünf Jahre Amtszeit zurück getreten.

Sogar die eigenen Parteikollegen sprachen damals von der neuen als einer »Übergangsregierung«. Straujuma wurde auch fehlendes Charisma und eine »Beamten-Mentalität« vorgeworfen. Trotzdem nominierte sie das Bündnis »Einheit« auch für die Wahlen im Jahre 2014 wieder als Kandidatin für das Amt der Regierungschefin. Sie war erfolgreich und blieb im Amt.

Weder die Konstellation einer neuen Koalition noch ein potenzieller Regierungschef sind bisher erkennbar. Dabei hängt auch vom Staatspräsidenten Raimonds Vejonis viel ab. Laut Verfassung hat er einen Ministerpräsidenten zu nominieren. Um den Auftrag zur Regierungsbildung zu vergeben, kündigte Staatspräsident Vejonis an, mit allen Parlamentsparteien Gespräche aufnehmen zu wollen.

Seine Kritik galt zuvor »internen politischen Querelen« der bisherigen Mitte-Rechts-Regierung. Die Vorsitzende der regierenden »Einheit«, Solvita Āboltiņa, rief dazu auf, die Koalition mit einer der zwei kleinen Oppositionsparteien - Lettlands »Bündnis der Regionen« und »Für Lettland von Herzen« zu bilden.

Eine Zusammenarbeit mit der sozialdemokratischen Partei »Harmonie«, die die größte Fraktion im lettischen Parlament bildet und als »pro-russisch« gilt, hat sie aber ausgeschlossen. Die regierenden Parteien haben auch den Wunsch geäußert, dass die Mehrheit der bisherigen Minister auch in einer neuen Regierung ihre Ämter behalten. Das wäre dann allerdings ein »Neustart« mit einer alten Mannschaft.

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