Zwischen Erfolg und Fremdenhass

Dynamo Kiew glänzt in der Champions League. Gegen rechtsradikale Fans tut der Klub nichts

  • Denis Trubetskoy, Kiew
  • Lesedauer: 4 Min.
Mit einem Sieg am Mittwoch gegen Maccabi Tel Aviv kann sich Dynamo Kiew erstmals seit 16 Jahren für die K.o.-Runde der Champions League qualifizieren. Doch der Klub macht nicht nur gute Schlagzeilen.

16 Jahre sind seit der größten Sternstunde von Dynamo Kiew vergangen. Damals, im April 1999, kämpfte das Team des legendären Trainers Walerij Lobanowskij um den Einzug ins Finale der Champions League. Auf dem Weg ins Halbfinale schlug der »FC Bayern Osteuropas« Arsenal London und Real Madrid, nun warteten die echten Bayern auf den sowjetischen und ukrainischen Rekordmeister. Schon in der ersten Halbzeit des Hinspiels in Kiew führte Dynamo nach zwei Toren des jungen Stürmers Andrij Schewtschenko mit 2:0, doch am Ende zogen die Münchner ins Finale ein - und zerstörten damit Lobanowskijs Lebenstraum.

Der sowjetische und ukrainische Startrainer wollte unbedingt die Champions League mit Dynamo Kiew, dem Verein seines Herzens, gewinnen. Drei Jahre später starb Lobanowskij an den Folgen eines Schlaganfalls - und Dynamo stürzte in die größte Krise seiner Geschichte. In der Ukraine übernahmen die Erzrivalen von Schachtjor Donezk die Fußballmacht im Land. Mit viel Geld des Donezker Oligarchen Rinat Achmetow, aber nicht zuletzt auch mit professionellerer Arbeit. 2014 kam dann der endgültige Tiefpunkt: Dynamo beendete die ukrainische Premjer-Liha auf Rang vier - das schlechteste Ergebnis seit dem Zerfall der Sowjetunion.

Auch international spielten die Kiewer keine Rolle mehr. Nach den Halbfinal-Begegnungen mit dem FC Bayern konnte sich Dynamo nicht mehr für die K.o.-Runde der Champions League qualifizieren. Nun spielt der Klub zum ersten Mal seit 2009 wieder in der Königsklasse - mal wieder als ukrainischer Meister. Und hat sogar die Chance, das Achtelfinale zu erreichen. Dafür muss Kiew nur Maccabi Tel Aviv schlagen. Damit würden entweder Chelsea oder Porto aus dem Wettbewerb werfen. Die Chancen dafür stehen gut. Beim 1:0-Sieg gegen Porto zeigte Dynamo die beste Leistung seit Jahren und gegen Maccabi sind die Kiewer klarer Favorit.

Für diesen Erfolg ist vor allem Serhij Rebrow verantwortlich - der junge Trainer und Lehrling von Walerij Lobanowskij. Zusammen mit Andrij Schewtschenko bildete Rebrow, der im Donbass geboren wurde, einst das starke Stürmerpaar von Dynamo und spielte später unter anderem für Fenerbahce, Tottenham und West Ham. »Rebrow ist ein Fußballphilosoph, der bei den Spielern sehr gut ankommt. Er spricht ihre Sprache«, sagt Ihor Surkis, Dynamos Vereinspräsident.

Der Klub hat aber ein großes Problem - seine Fans. Die meisten Kiewer Ultras - wie auch die der anderen ukrainischen Vereine - sind als kompromisslose Nationalisten bekannt. Viele Mitglieder der verschieden Fangruppierungen dienen mittlerweile bei den Freiwilligenbataillonen im umkämpften Donbass. Das trifft vor allem auf die radikalste Bewegung »Rodytschi« zu, deren Aktivisten meist für das rechtsradikale Bataillon »Asow« kämpfen.

Beim Heimspiel gegen den FC Chelsea schlugen die »Rodytschi«-Mitglieder eine Gruppe dunkelhäutiger Fans im Stadion nieder. Ein Skandal, der für internationale Schlagzeilen sorgte. Es war nicht der erste: Sowohl Dynamo Kiew als auch die ukrainische Nationalmannschaft wurden mehrmals für Neonazismus und Rassismus vom europäischen Fußballverband UEFA bestraft. Und obwohl die Schläger ganz offensichtlich aus dem Sektor der »Rodytschi« zu den dunkelhäutigen Fans kamen, nehmen die Verantwortlichen in Kiew solche Zwischenfälle nicht wirklich ernst. Sogar der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sah eine »russische Provokation« hinter diesem Vorfall.

Vereinspräsident Surkis will nun der UEFA beweisen, dass hinter dieser Aktion der Dynamo-Ultras kein Rassismus steckt. »Wir müssen nun der UEFA erklären, dass es kein Rassismus, sondern einfach Rowdytum war. Das ist für Außenstehende manchmal schwer zu erklären«, sagte Surkis. Das Spiel gegen Maccabi und ein weiteres internationales Heimspiel muss Dynamo als Strafe im leeren Olimpijskyj-Stadion spielen. Dynamos Präsident will aber die Verringerung der Sperre auf nur ein Spiel erreichen. Serhij Rebrow meinte dazu: »Ich will die Situation rund um die Fans nicht kommentieren.« Der ganze Verein wolle sich nur auf das wichtige Spiel gegen Maccabi Tel Aviv konzentrieren, hieß es vor der Begegnung in Kiew.

Dass die ukrainische Fanszene tatsächlich ein rechtsradikales Problem hat, ist nicht zu leugnen. In den Zeiten, in denen die russischen Staatsmedien nicht selten Märchen über ukrainische Nazis erzählen, gibt es tatsächlich viele davon - vor allem in den Fußballstadien. Aber sowohl Dynamo Kiew als auch der ukrainische Fußballverband zeigen keine Bereitschaft, massiv gegen dieses Problem vorzugehen.

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