Die kleine Entwarnung im kleinen Skandal

Volkswagen: Verdacht auf falsche CO2-Angaben größtenteils entkräftet / In Affäre um manipulierte Emissionstests muss Konzern in Kalifornien vor Gericht

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch wenn sich der Skandal um CO2-Werte wohl als kleiner als angenommen entpuppt: im größeren Skandal um manipulierte Emissionstests steht VW vor einem Verfahren in Kalifornien - VW hätte andere Orte bevorzugt.

Die Aktie des VW-Konzerns stieg am Mittwoch zeitweise um fünf Prozent, nachdem der Konzern mitteilte, dass sich der Verdacht auf falsche CO2-Angaben größtenteils entkräftet habe: Nach internen Prüfungen und Messkontrollen sei nun klar, dass fast alle untersuchten Modelle »doch den ursprünglich festgestellten CO2-Werten entsprechen«. Ursprünglich standen rund 800.000 Fahrzeuge unter Verdacht, davon seien nun nicht einmal 40.000 betroffen. Und Auswirkungen auf die Kunden werde der »kleine Skandal« neben dem um manipulierte Emissionswerte auch nicht haben, berichtet die »FAZ«, es kämen also auch keine Nachzahlungen der KFZ-Steuer auf die betroffenen Halter zu. Das hätten die gemeinsamen Überprüfungen von Kraftfahrtbundesamt, Bundesverkehrsministerium und Volkswagen ergeben.

Trotzdem hält das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) an vorgesehenen Nachmessungen fest. »Diese Messungen werden ungeachtet der nunmehr vorliegenden Bewertung durch Volkswagen in vollem Umfang durchgeführt«, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums am Mittwoch in Berlin.

Nun haben sich weder das Kraftfahrtbundesamt noch das Bundesverkehrsministerium in der Vergangenheit an die Spitze der Aufklärung gegenüber deutschen Automobilkonzernen gestellt. Die offensichtliche Diskrepanz beispielsweise zwischen den Verbrauchswerten der Fahrzeuge in Testzyklen und im Alltag, die von verschiedenen Organisationen seit Jahren angeprangert wird, haben weder das Amt noch das Ministerium bisher wirklich interessiert.

Auch der »große Skandal« um manipulierte Emissionstests ist nicht etwa in Deutschland aufgedeckt worden, sondern in den USA. Und von dort droht VW auch das größere Ungemach: Bei einem Gericht in Kalifornien, genauer gesagt in San Francisco, werden die Fälle nun zusammengeführt – der Konzern muss sich in den USA mit Hunderten von Klägern auseinandersetzen. In Kalifornien wird das Verfahren nun gebündelt – VW hätte sich einen anderen Gerichtsort gewünscht. Zum Beispiel in Virginia in der Nähe des VW-Hauptsitzes in den USA oder in der Autometropole Detroit, gleichzeitig Sitz der Umweltbehörde EPA.

Ein Justizausschuss entschied sich jedoch für Kalifornien: Dort wurde fast ein Fünftel aller Klagen eingereicht. Und die kalifornische Umweltbehörde CARB hatte gemeinsam mit der US-Umweltbehörde EPA die Affäre am 18. September erst ins Rollen gebracht.

Autobesitzer in den USA klagen vor allem wegen Betrugs und Vertragsbruchs. Es klagen aber auch Anleger wegen des Kursverfalls der VW-Aktie sowie Landkreise und Gemeinden wegen Umweltverschmutzung. Zudem ermitteln das US-Justizministerium und mehrere US-Bundesstaaten.

Das finanzielle Risiko für VW ist derzeit schwer abzuschätzen: Im US-Rechtssystem ist es relativ leicht, wegen des Skandals zu klagen, außerdem befindet sich das Verfahren noch im Stadium vor dem Prozess – es kann sich also noch lange hinziehen.

In den USA betrifft die Manipulation von Emissions-Messwerten mit einer Software, die die Abgasreinigung nur im Testmodus voll aktiviert, fast eine halbe Million VW-Diesel mit 2,0-Liter- und über 85 000 mit 3,0-Liter-Motoren. Weltweit sind etwa elf Millionen Wagen betroffen. Dem Konzern droht in den USA eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar. Das ist zunächst ein theoretisches Höchstmaß. Allerdings gelten in Kalifornien Umweltgesetze, die zu den schärfsten weltweit gehören. Von Entwarnung im VW-Skandal kann also längst keine Rede sein. mit Agenturen

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