Verdienstkreuz für Fluchthelfer - oder ab ins Gefängnis?
Aktivisten protestieren im Deutschen Historischen Museums gegen die Kriminalisierung von Flucht
Punkt zwölf Uhr knallte der Sektkorken im Foyer des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin. Feierlich wurde dort eine Stellwand eingeweiht, die das Motto »Refugees Welcome? Der Umgang der BRD mit Fluchthilfe in Vergangenheit und Gegenwart« trägt. Die Tafel passte sich gut ein in die Sonderführung des Museums am Tag der Menschenrechte zum Thema Flucht, Geflüchtete und Fluchthelfer in der deutschen Geschichte.
Erstellt wurde sie jedoch nicht von dem Museum – sondern von den Aktivisten der »Schleusergewerkschaft«, die damit gegen die Kriminalisierung von Fluchthilfe in Deutschland protestierte. »Erst im Rahmen der letzten Asylrechtsverschärfung wurde für das Vergehen eine Mindesthaftstrafe von drei Monaten eingeführt. 800 Fluchthelfer sitzen derzeit in Bayern in Untersuchungshaft. Ihnen drohen Haftstrafen bis zu zehn Jahren«, erklärte der »Schleusergewerkschafter« Alex Glaser.
Auf der Stellwand kommen verschiedenste Fluchthelfer zur Geltung, denen geschichtlich ganz unterschiedliche Ehrungen zuteil wurden. Lisa Fittko etwa rettete NS-Verfolgten das Leben, weil sie ihnen als Initiatorin einer Fluchthilfeorganisation ermöglichte, das von der Wehrmacht besetzte Frankreich über die Pyrenäen zu verlassen. Geehrt wurde die Frau in Deutschland dafür nie. Der Fluchthelfer Burkhart Veigel hingegen erhielt 2012 das Bundesverdienstkreuz am Band. Ab 1961 betätigte sich der Westdeutsche als Fluchthelfer für Ausreisewillige in der DDR. Insgesamt 650 Menschen verhalf er so zur Flucht.
Der in Syrien geborene Mohammad Darwish wurde zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt, weil er einige Menschen aus seinem Heimatland bei der Flucht über Griechenland nach Deutschland unterstützte. Obwohl mehrere Betroffene aussagten, dass sie durch die Aktivitäten von Darwish vor Verfolgung und Folter gerettet worden seien, wurde er verurteilt. Auch der Bundesgerichtshof, den Darwish anrief, entschied, dass der Fluchthelfer zu Recht bestraft wurde.
Doch er ist nicht der Einzige. Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit sind Hunderte von Menschen angeklagt, weil sie Geflüchtete in Privatautos über die deutschen Grenzen transportierten. Die genaue Anzahl ist nicht bekannt.
Mit der Stelltafel im DHM wollen die Aktivisten nicht nur gegen die Kriminalisierung von Fluchthilfe protestieren. Ihre Forderungen gehen noch weiter, wie Alex Glaser gegenüber »nd« betonte. »Es gilt, Grenzen zu öffnen und für sichere Fluchtwege über die Balkan-Route und das Mittelmeer zu sorgen«.
Die Stelltafel musste allerdings nach der Einweihung wieder aus dem Foyer des DHM getragen werden. Sie war von der Museumsverwaltung nicht genehmigt. So durfte sie nur vor dem Eingang des Gebäudes aufgebaut werden und an Fluchthelfer damals und heute erinnern.
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