Streit um Klimavertrag
EU fordert Überprüfung von Zieleinhaltung
Jede Klimakonferenz hat ihre Eigenheit. In Durban zauberte 2011 die Konferenzpräsidentin einen alten Zulu-Brauch aus dem Hut, um zum Erfolg zu kommen: die Indaba. Bei dieser Dorfversammlung diskutieren die Ältesten so lange, bis ein Kompromiss vorliegt. In Katar 2012 regierte der Konferenzpräsident mit eiserner Hand und peitsche die Entscheidungen durch. Im vergangenen Jahr spielte Konferenzpräsident Manuel Pulgar-Vidal den Kumpel. Motto: »Unter Freunden einigt man sich«.
In Paris hat Frankreichs Außenminister Laurent Fabius diesmal das »Comité de Paris« gegründet. Mindestens einmal am Tag ruft der Konferenzpräsident das »Comité« ein, um den Verhandlungsstand abzufragen und Aufgaben zu erteilen. »Er macht das mit sehr großer Ruhe«, urteilt Carole Dieschbourg, die als luxemburgische Umweltministerin die Verhandlungen für die EU leitet. Dabei hat die französische Präsidentschaft am Mittwochabend einen neuen Vertragsentwurf vorgelegt, der bei vielen Ländern für Unmut sorgte. Brasiliens Umweltministerin Izabella Teixeira erklärte beispielsweise: »Wir brauchen die Differenzierung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern.«
Es geht dabei etwa um die Frage, wie die Klimaschutzbemühungen der einzelnen Länder überprüft werden sollen. Die Schwellenländer fürchten, dass sie exakt die selben Methoden wie die Industriestaaten anwenden müssen, wie es beispielsweise die EU fordert. Anschließend haben die Länder die ganze Nacht auf Donnerstag durchverhandelt. Nach Teilnehmerangaben gab es bei den wichtigen Fragen nur wenig Bewegung: Dies gilt etwa für die Ambition des neuen Abkommens, die Unterscheidung zwischen den Ländern und - wie immer - die Finanzierung.
Stoff für Gespräche gab auch die neue »Koalition der Ambitionierten«. Dieser gehören mehr als 100 Länder, also die Mehrheit unter den 195 Mitgliedern der UN-Klimakonvention an. »Es reicht nicht, ein 1,5 Grad-Ziel in den Vertrag zu schreiben, wir brauchen auch ein entsprechendes Instrumentarium, um es zu erreichen«, sagt Dieschbourg. Für die EU gebe es deshalb eine »rote Linie«, die nicht unterschritten werden dürfe: »Wir müssen alle fünf Jahre überprüfen, ob die Staaten ihre Zusagen einhalten, ob wir auf dem richtigen Weg sind.« Denn anders als im Kyoto-Protokoll sind die Reduktionsziele der Länder diesmal nicht völkerrechtlich bindend, sondern freiwillig. Und - das steht jetzt schon fest - sie sind zu wenig, um das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten, geschweige denn ein 1,5-Grad-Ziel.
An solchen Streitpunkten hatten sich am Donnerstag die Verhandlungen festgefahren. Also rief Laurent Fabius wieder das »Comité de Paris« ein. Mit enormer Gelassenheit hörte er sich die Argumente an, die er in den letzten zehn Verhandlungstagen schon tausendfach gehört hatte. »Die Franzosen machen das, was sie am besten können«, sagt Bundesumweltministerin Barbara Hendriks (SPD). Sie meinte damit die Diplomatie. Sie hätte aber genau so gut das »Präsidieren« meinen können: Berichte entgegennehmen, zwischen Interessen ausgleichen, Arbeitsaufträge erteilen, Abgabetermine benennen.
Ob Fabius damit Erfolg hat? Die luxemburgische Umweltministerin Carole Dieschbourg: »Bis hier her zumindest ist Fabius immer an sein Ziel gekommen.«
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