Abengoa kämpft ums Überleben
Spanische Solarfirma braucht 100 Millionen Euro bis Jahresende
Vier Tage lang hat der angeschlagene Konzern Abengoa mit seinen Gläubigerbanken Woche verhandelt. Das bisherige Vorzeigeunternehmen für erneuerbare Energien aus Andalusien beziffert seinen Finanzbedarf zur Abwendung des endgültigen Konkurses auf 450 Millionen Euro. Die Banker haben genau nachgerechnet und gehen nur von 300 Millionen aus.
100 Millionen Euro braucht Abengoa noch in diesem Jahr, sonst droht Spanien die größte Firmenpleite seiner Geschichte. Auch die Dezembergehälter der weltweit 24 000 Beschäftigten können ohne frisches Geld nicht bezahlt werden. Abengoa hat 8,9 Milliarden Euro Schulden aus den Jahren aggressiver Expansionspolitik und kann selbst geringe Verpflichtungen nicht bezahlen. So wurden die Anfang Dezember fälligen Zinsen oder Rückzahlungen für Anleihen in Irland und in Mexiko nicht bedient. Insgesamt hat Abengoa Verpflichtungen von zwischen 20 und 25 Milliarden Euro gegenüber 200 Banken und Finanzhäusern auf nahezu allen Kontinenten. Dazu gehört auch die Federal Financing Bank, die dem US-Finanzministerium untersteht und mit 2,2 Milliarden Euro der größte Einzelgläubiger ist.
Verhandelt wurde vergangene Woche mit den »Großen Sieben« der Gläubigerbanken: Santander, Bankia, CaixaBank, Popular, Sabadell, HSBC und Crédit Agricole. Nur zwei magere Ergebnisse haben die Gespräche dieser Tage gebracht: Zum einen, dass in der kommenden Woche weiterverhandelt wird. Und zum anderen, dass der angedachte Verkauf der 47 Prozent Anteile an der US-amerikanischen Holding Abengoa Yield derzeit keine gute Idee ist. Die Ratingagentur Moody’s stufte Abengoa Yield am Freitag auf die Risikostufe B1 ab.
Abengoa hat sich zudem an die staatliche Förderbank ICO in Madrid gewandt, um wenigstens die 100 Millionen bis zum Jahresende zu bekommen. Aber auch dort hat der Konzern aus Sevilla schon jetzt 120 Millionen Euro Schulden.
Das Drama zeichnete sich bereits vor einigen Wochen ab: Am 25. November hatte Abengoa bei der spanischen Börsenaufsicht »preconcurso de acreedores« angemeldet, den vorläufigen Gläubigerschutz. Dass das Finanzgebäude des einstigen spanischen Hoffnungsträgers auf dem Gebiet der Umwelttechnik einzustürzen drohte, lag am Scheitern der Verhandlungen mit dem baskischen Autoteilehersteller Gestamp. Der sollte 350 Millionen Euro zuschießen und dafür 28 Prozent von Abengoa erhalten. Doch Gestamp sagte ab.
Der Aktienkurs brach als Folge am selben Tag um 69 Prozent ein, der Handel an der Börse von Madrid wurde ausgesetzt. Inzwischen ist Abengoa aus dem Auswahlindex Ibex 35 gestrichen worden. An seiner Stelle wurde der Immobilienkonzern Merlin mit einem Eigenkapital von 3,7 Milliarden Euro in den Aktienindex aufgenommen.
Abengoa hat nach Analystenmeinung zwei grundlegende Fehler gemacht: Zum einen wurde das enorme Wachstum des Unternehmens auf Pump finanziert, zeitweise war es zu 90 Prozent fremdfinanziert. Zum anderen setzte es auf den Boom der erneuerbaren Energien, ob in Spanien oder in Amerika. Vorzeigeprojekte der Solarstromgewinnung wurden in Südspanien und in den USA hochgezogen.
In Spanien litt das Unternehmen aber schnell unter den Kürzungen der einst üppigen Subventionen für Sonnenstrom. Die hatten schon unter der Regierung des Sozialdemokraten José Luis Zapatero eingesetzt und wurden von dessen konservativem Nachfolger Mariano Rajoy (PP) fortgesetzt. Denn der Strom aus erneuerbaren Energiequellen erwies sich als zu teuer. Die Spanier zahlen mehr für ihren Haushaltstrom als die meisten anderen Europäer. Ohne die Subventionen - insgesamt wurden bisher in allen Bereichen der Erneuerbaren rund 25 Milliarden Euro ausgezahlt - ist der Strompreis aus den bestehenden alten Anlagen nicht wettbewerbsfähig.
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