Dschihadisten aus Kindergärten?

Österreichs Christkonservative wollen muslimische Einrichtungen kontrollieren

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Angst vor dem Islam nimmt immer skurrilere Formen an. Nun sollen schon die Kleinsten vor missliebigen Auslegungen des Korans geschützt werden. Im Visier der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) stehen islamische Kindergärten. Sie spricht von Kontrollen und Schließungen. Den Angriff lancierte der von ihr gestellte Außenminister Sebastian Kurz, der auch für Integrationsfragen zuständig ist.

Der Außenminister präsentierte die Forschungsergebnisse eines Universitätslehrgangs zu islamischen Kindergärten in Wien. Darin warnt der Leiter des Lehrgangs, Ednan Aslan, vor einer islamischen Parallelgesellschaft, die bereits in der Vorschule angelegt sei und der man mit allen Mitteln begegnen müsse.

Radikalisierung, so der türkischstämmige Pädagoge, der die vorherrschende Interpretation des Islam als »Gewalttheologie« beschreibt, beginne bereits im Kindergarten. Schon der Griff nach der Studie eines Mannes, der die »geistige Reife der Muslime in den islamischen Ländern« für undemokratisch und gewaltbereit hält, zeugt von der Stoßrichtung, die Österreichs Christkonservative in Bezug auf den Islam einschlagen. Es geht um die Kontrolle sämtlicher muslimischer Einrichtungen.

In Wien gibt es schätzungsweise 150 islamische Kindergärten, an denen 10 000 Mädchen und Jungen betreut werden. Die Betreiber dieser Einrichtungen kritisieren, dass die Pädagogikstudenten nur eine Handvoll dieser Kindergärten besucht hätten und insgesamt nur neun Eltern befragt worden seien. Auch von Seiten der Stadt wird bezweifelt, dass die Studie repräsentativ sei. Die zuständige Wiener Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) warf Kurz während einer gemeinsamen Pressekonferenz vor, mit der Forderung nach Kontrolle und Schließung von muslimischen Einrichtungen persönliche Profilierung zu betreiben, und das »auf dem Rücken der Kinder«.

Im Streit um den Umgang mit islamischen Kindergärten spiegelt sich ein Kulturkampf, in dem freilich mit zweierlei Maß gemessen wird. Denn es geht nicht allgemein um staatliche Kontrolle religiöser Bildungseinrichtungen und Kindergärten, sondern nur um solche mit muslimischem Hintergrund.

Diese Einrichtungen werden unter den Generalverdacht gestellt, eine radikale Lehre zu verbreiten und damit - in letzter Konsequenz - der Ausbildung dschihadistischer Gotteskämpfer Vorschub zu leisten. Dass auch streng katholische und jüdische Privatkindergärten religiöse Lehren radikal - also an die Wurzel gehend - vertreten und damit den staatlichen Säkularismus unterlaufen, ist für die Konservativen aber kein Thema. Dies verwundert auch nicht, schicken sie doch ihre Kinder häufig in genau solche katholische Bildungseinrichtungen.

Die um sich greifende Forderung nach einer De-Radikalisierung, der sich auch die Sozialdemokratie anschließt, ist generell zu hinterfragen. Konsequent zu Ende gedacht bedeutet sie, Menschen aus ihrem jeweiligen kulturellen und sozialen Umfeld zu entwurzeln, um sie einem gesellschaftlichen Mainstream anheimzustellen. Wer diesen definiert, bestimmt dann, was gesellschaftlich verträglich ist. Die grassierende Angst vor Muslimen lässt befürchten, dass der Islam in westlichen Gesellschaften über kurz oder lang insgesamt an den Pranger gestellt wird.

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